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Atheismus und Christentum

Ausgangstext 29.12.2017 -Text 2/10-:: http://blog.wolfgangfenske.de/2017/12/29/bergpredigt-2-antithesen-1-2/

Bergpredigt 2: Antithesen 1-2 - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 29. Dezember 2017

Nach der Einleitung beginnt der erste große Abschnitt der Bergpredigt. Auch wenn der Begriff „Antithesen“ nicht ganz glücklich ist, so hat er sich doch eingebürgert. Es folgen die Antithesen. Die Antithesen haben ihren Namen daher, dass sie paraphrasiert so eingeleitet werden: Im Gesetz heißt es – ich (Jesus) aber sage euch. Und dieses „Ich aber sage euch“ verschärft die Auslegung der Tradition. Durch diese Zusammenstellung und die Formulierungen lässt Matthäus ein großes Selbstbewusstsein Jesu aufleuchten: Jesus tritt traditionellen Missständen selbstbewusst entgegen.

Die Antithesen nennen ein paar Themen, die für die Ethik in der Nachfolge Jesu aus der Sicht des Matthäus besonders wichtig sind. Alle haben als Roten Faden das Thema: Gelingende Gemeinschaft.

 

1. Antithese: Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten, wer aber tötet, der ist des Gerichts schuldig. Ich aber sage euch: Wer seinem Bruder zürnt ist des Gerichts schuldig, wer aber zu seinem Bruder sagt: Narr!, der ist des Hohen Rats schuldig, wer aber sagt: Einfältiger!, der ist des höllischen Feuers schuldig.

Allein angesichts dieser Aussage stellen sich schon viele Fragen. Wo ist der Unterschied zwischen den Beschimpfungen? Ob ich nun dieses sage oder jenes – warum ist das eine dem Hohen Rat (der die Kapitalgerichtsbarkeit innehatte) vorzulegen und das andere ist: Man ist der Hölle/Gehenna schuldig?

Nun: Die Aussage wird begründet: Versöhne dich mit deinem Bruder möglichst schnell. Angeschlossen wird noch eine Klugheitsregel: Wenn man erst vor Gericht landet, kommt man nicht ungeschoren davon.

Wir haben hier also eine rhetorische Formulierung. Sie übertreibt maßlos – und das werden wir gleich häufiger sehen – um dann dem Hörer zu sagen: Sei klug. Wenn du zürnst oder schimpfst, vertrage dich schnell. Nicht nur physisch töten ist schlimm – sondern auch Überheblichkeit bzw. den anderen klein zu machen ist schlimm, es „tötet“ ihn.

Diese und andere Antithesen haben aber noch eine Besonderheit – die das Religiöse betreffen. Denn hier heißt es: Wenn du dann in Jerusalem bist und opferst, dir aber einfällt, dass einer etwas gegen dich hat, lasse alles stehen und liegen, versöhne dich, dann opfere. Das klingt für uns banal. Aber stellen wir uns vor: Jesus sagt das in Galiläa. Einer geht nach Jerusalem, ist mitten im Opfervollzug – und dann fällt ihm das Malheur ein – er muss zurück gehen nach Galiläa und wieder zurück nach Jerusalem, um das Opfer fortzusetzen. Das sind von Jerusalem nach Nazareth 146 km = 29 Stunden (so ein moderner Entfernungsrechner) aber damals mied man Samaria, sodass man noch weiter laufen musste. Also: Es war nicht mal kurz hin und zurück. Auch das ist eine vollkommen absurde Äußerung. Warum wird das gesagt? Es wird für die Antike Ungeheuerliches gesagt: Die Versöhnung mit dem Bruder hat Vorrang vor dem Opfer. Die Götter konnten unheimlich sauer werden, wenn man sie missachtet (Krankheiten, Unfälle, Armut usw. konnten die Folge sein). Was sagt also Jesus? Gott ist es wichtiger, dass du dich versöhnst, als dass du das Opfer bringst. Gott wird nicht sauer wegen eines liegengelassenen Opfers. Er wird sauer, wenn du dich nicht versöhnst.

Hiermit haben wir eine Intention, die alle Antithesen durchzieht: Gemeinschaft. Gott will Gemeinschaft – und er setzt sie äußerst hoch an.

Manche stören sich an dem „Höllischen“. Gut. Ist auch nicht schön. Diese Vorstellung macht Angst, ist brutal – die Kirchengeschichte kann ein garstig Lied davon singen. Warum kommt überhaupt die Hölle ins Spiel und nicht einfach ein: Mach es so – das ist gut? Denn es wird ja schon rational begründet. Muss die Hölle noch dazukommen? Dazu gleich mehr. Erst einmal die

 

2. Antithese: Ihr habt gehört, dass gesagt wurde: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch, Wer eine Frau begehrlich ansieht, hat schon in seinem Herzen mit ihr die Ehe gebrochen.

Es folgt wieder die bekannte Drastik – rhetorisch interessant -:

Einmal sind wieder massive Übertreibungen erkennbar – und es stellen sich Fragen: Was sieht das rechte menschliche Auge, was das linke Auge nicht sieht? Absurd! Also müsste man beide Augen ausreißen und fortwerfen. Warum die rechte Hand? Die rechte Hand dürfte erwähnt sein, weil es eben bei Rechtshändern die aktive Hand ist. Und ich vermute, dass die Männer damals mit ihrer rechten Hand genauso Frauen erniedrigen konnten wie in unserer Zeit.

Im ersten Teil geht es um die Gesinnung: Es wird das Gesetz verschärft. Man soll die Frau nicht mit Blicken erniedrigen und auch in seinem Herzen rein bleiben. (Wenn die Hand hinzugefügt wird: Man soll nicht nur seine Augen in Zucht halten, sondern auch seine Hand, denn auch diese erniedrigt Frauen.)

In der Weiterführung geht es dann wieder um die religiöse Frage. Was hat die Hölle damit zu tun? Wer kommt ins Paradies? In der traditionellen Vorstellung  körperlich unversehrte, gesunde, tolle Menschen. Was sagt dieser Text? Nein, du kannst noch so makellos sein, du kommst nicht ins Paradies, wenn deine Gesinnung nicht stimmt. Du kommst eher als versehrter Mensch ins Paradies als einer mit schlechter, die Frau erniedrigender Gesinnung.

Nun mag man als Mann (oder Frau) sagen: Man muss doch gucken, das gehört zur Natur. Aber, die Diskussion haben wir ja zurzeit: Wie schaut man als Mann eine Frau an, wie schaut man als Frau einen Mann an. Ich möchte nicht die ganz #MeToo Diskussion aufrollen. Aber es gibt hier einen gravierenden Unterschied, wie wir miteinander umgehen – auch: Wie wir einander anschauen.

Also auch hier wieder: Es geht darum, die Frau nicht zu erniedrigen, darum, selbst reiner Gesinnung zu werden. Die alte religiöse Vorstellung von körperlicher Reinheit / Unreinheit hat vor der Frage der Gesinnung zurückzustehen.

Und auch hier wieder: die Hölle. Musste das sein? Uns fortschrittliche Menschen gruseln solche pädagogischen Drohungen. Nun denn, mögen sie gruseln. Andere Zeiten, andere pädagogische Maßnahmen. Aber wir werden das Morgen differenzieren. Heute habe ich leider keine Zeit mehr, das weiterzuführen. Übermorgen geht es mit den nächsten Antithesen weiter.

 

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