Ich denke, das hängt damit zusammen, dass man in die fremde Kultur eigene Wünsche und Träume hinein liest – und bei uns kommt noch hinzu: die eigene Kultur wird im Grunde nur als Versagenskultur deutlich gemacht: Versagen des 19. Jahrhunderts (soziales Versagen, Ausbeutung…) und des 20. Jahrhundertes (Nationalismus und Nationalsozialismus) – dazu kommt noch das Bild vom Dunklen Mittelalter – da waren eh alle böse (Hexenverbrennung, Inquisition, Kreuzzüge).
Wer diese Versagen alleine sieht und die Größen ständig negiert (wer mag schon klassische Musik hören, die Philosophen versteht man genauso wenig wie die alten Goethes usw.) – der träumt sich anderes schön, vor allem auch, weil das Versagen anderer Kulturen nicht gern gehört wird.
Sagen wir nur einmal: Sklaverei. Welche fällt bei diesem Stichwort als erste ein? Sicher nicht die Sklavenzüge des Islam.
Zwei Äußerungen von Peter Hitchens sind mir als besonders unzutreffend aufgefallen. Erstens:
„religion is the one reliable force that stands in the way of the power of the strong over the weak. The one reliable force that forms the foundation of the concept of the rule of law.
The one reliable force that restrains the hand of the man of power. In an age of powerworship, the Christian religion has become the principal obstacle to the desire of earthly utopians for absolute power.“
Das wird eindeutig durch die Geschichte des Christentums speziell und Religionen allgemein bis in die heutige Zeit widerlegt. Man betrachte auch und gerade die Zustände in den USA, das sich als das christlichste aller westlichen Länder bezeichnet.
Putin und die orthodoxe Kirche sind ein Beispiel dafür, wie sich Christen auch heute immer wieder mit den Mächtigen zu Lasten der eigenen Bevölkerung arrangieren. Auch Erdogan als Vertreter des Islam stellt eine Widerlegung des Einganssatzes dar.
Zweitens:
„One of the problems atheists have is the unbelievers‘ assertion that it is possible to determine what is right and what is wrong without God. They have a fundamental inability to concede that to be effectively absolute a moral code needs to be beyond human power to alter.“
Dieses „Argument“ wird zwar immer wieder gerne von religiöser Seite vorgebracht, könnte aber falscher nicht sein. Sie negiert die Tatsache, zum einen die Moralvorstellungen, die dem Alten Testament zugrunde liegen, nur als barbarisch bezeichnet werden können und zum anderen lange vor der Entstehung des Christentums ein Buddha, Konfuzius, Sokrates u. a. ethische Grundsätze verkündet haben, die unserer – im Wesentlichen der Philosophie der Aufklärung geschuldeten – Moralvorstellung deutlich näher stehen, als die konkret nicht fassbaren Thesen des Neuen Testaments.
Philosophen wie A. Edmüller („Die Legende von der christlichen Moral“) haben gezeigt, dass praktisch jede beliebige Moralvorstellung aus dem Christentum abgeleitet werden kann, so dass es eine konkrete – geschweige denn, wie P. Hitchens behauptet, absolute – christliche Moral gar nicht gibt.
Wolfgang Fenske 23. Oktober 2017 um 19:46 Uhr
Mir juckt es in den Fingern und im Verstand auf diese Beiträge zu reagieren. Leider habe ich im Augenblick keine Zeit – und kann erst einmal nur vielen Dank für die Diskussionsbeiträge sagen. WF
Holger Gronwaldt
23. Oktober 2017 um 12:06 Uhr
Zwei Äußerungen von Peter Hitchens sind mir als besonders unzutreffend aufgefallen. Erstens:
„religion is the one reliable force that stands in the way of the power of the strong over the weak. The one reliable force that forms the foundation of the concept of the rule of law.
The one reliable force that restrains the hand of the man of power. In an age of powerworship, the Christian religion has become the principal obstacle to the desire of earthly utopians for absolute power.“
Das wird eindeutig durch die Geschichte des Christentums speziell und Religionen allgemein bis in die heutige Zeit widerlegt. Man betrachte auch und gerade die Zustände in den USA, das sich als das christlichste aller westlichen Länder bezeichnet.
Putin und die orthodoxe Kirche sind ein Beispiel dafür, wie sich Christen auch heute immer wieder mit den Mächtigen zu Lasten der eigenen Bevölkerung arrangieren. Auch Erdogan als Vertreter des Islam stellt eine Widerlegung des Einganssatzes dar.
Zweitens:
„One of the problems atheists have is the unbelievers‘ assertion that it is possible to determine what is right and what is wrong without God. They have a fundamental inability to concede that to be effectively absolute a moral code needs to be beyond human power to alter.“
Dieses „Argument“ wird zwar immer wieder gerne von religiöser Seite vorgebracht, könnte aber falscher nicht sein. Sie negiert die Tatsache, zum einen die Moralvorstellungen, die dem Alten Testament zugrunde liegen, nur als barbarisch bezeichnet werden können und zum anderen lange vor der Entstehung des Christentums ein Buddha, Konfuzius, Sokrates u. a. ethische Grundsätze verkündet haben, die unserer – im Wesentlichen der Philosophie der Aufklärung geschuldeten – Moralvorstellung deutlich näher stehen, als die konkret nicht fassbaren Thesen des Neuen Testaments.
Philosophen wie A. Edmüller („Die Legende von der christlichen Moral“) haben gezeigt, dass praktisch jede beliebige Moralvorstellung aus dem Christentum abgeleitet werden kann, so dass es eine konkrete – geschweige denn, wie P. Hitchens behauptet, absolute – christliche Moral gar nicht gibt.