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Atheismus und Christentum

Ausgangstext am 24.10.2017: http://blog.wolfgangfenske.de/2017/10/24/bibel-von-menschen-gottes-wort/

Bibel von Menschen – Gottes Wort - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 24. Oktober 2017

Bibeltexte wurden von Menschen geschrieben.
Sie haben ihre Erfahrungen, die sie mit Gott gemacht haben, aufgeschrieben.
Ist die Bibel Gottes Wort?

Gott hat sich nicht gescheut, durch fehlbare Menschen zu reden.
Er hat den fehlbaren Menschen dadurch geehrt.
Es ist großartig, wie wichtig Gott uns Menschen nimmt,
dass er durch Menschen zu uns spricht.

Fehlbare Menschen hören das Wort Gottes,
das er durch Menschen gesprochen hat.
Es ist großartig, wie wichtig Gott uns Menschen nimmt,
dass er uns sein Wort hören und interpretieren lässt.

Wenn Gott uns so achtet –
dürfen wir dann den Menschen gering schätzen,
durch den er spricht,
der ihn zu hören versucht?

 

Diskussionsfaden
5 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
24. Oktober 2017 um 10:49 Uhr

Ist die Bibel Gottes Wort?“

Eindeutig nein! Schließlich behaupten viele religiöse Texte, direkt von ihrem Gott inspiriert zu sein (Bibel, Koran, Buch Mormon, usw.)

Dabei drücken diese Texte nur aus, wie sich die Autoren jeweils ihren Gott vorstellen. Und da sie alle unterschiedliche Thesen aufstellen, gibt es logisch nur zwei Möglichkeiten:

– Nur eine Schrift beschreibt den einzig wahren Gott.

– Sie sind alle falsch.

Angesichts des modernen kosmologischen Weltbildes erscheint es mir sehr weit hergeholt, dass es einen Gott geben könnte, der ein gewaltig großes Weltall schafft, dann über 13 Milliraden Jahre abwartet, um sich auf einem unbedeutenden Planeten, der eine von rund 200 Milliarden Sonnen in einer von vielen hundert Milliarden Galaxien umkreist, zu manifestieren. Und wozu? Um uns Menschen eine Sünde zu vergeben, die von Menschen begangen wurden, die nachweislich nie existiert haben!

Ganz abgesehen von der Frage, was es über einen Gott aussagt, der Sünde dadurch „vergeben“ will, indem er einen Menschen zu Tode foltern lässt.

 

Wolfgang Fenske
25. Oktober 2017 um 18:52 Uhr

Sie eröffnen sehr viele Baustellen. Nur zum letzten Satz – weiteres wird später nachgeliefert:
a) Feindesliebegebot: In der Bergpredigt finden wir das Feindesliebegebot. Dort heißt es, dass man den Feind lieben (das heißt aktiv wohltun soll) und dazu gehört, ihn segnen, das heißt Gottes Wohlwollen für ihn wünschen – für ihn beten.
b) Der Mensch kämpft gegen Gott an. Das aus unterschiedlichsten Gründen. Er kämpft so sehr gegen Gott an, dass er auch Jesus Christus hinrichtet. Und das nicht nur die Generation die es getan hat, sondern pars pro toto. Der Widerstand gegen Gott wird allerorten auch im Kampf gegen Menschen sichtbar.
c) Mensch und Gott leben in einer Beziehung. Gott handelt, der Mensch reagiert, Gott reagiert… Nun hat der Mensch Jesus Christus hingerichtet, weil er Gott loswerden wollte – und Gott reagiert darauf im Sinne der Feindesliebe: Dieser Tod Jesu wird dazu verwendet, den Menschen zu befreien von seiner Schuld – auch mit Blick auf Gott.
d) Die Einsetzungsworte zum letzten Mahl Jesu sind spannend: Während die Menschen, die Göttern ein Opfer bringen, in der Antike gesagt haben, dass sie dem Gott/der Göttin XY ein Opfer darbringen, sagen die Einsetzungsworte, dass Jesus sich für den Menschen opfert.
e) Die frühen Christen haben den Tod Jesu vielfach in dem Sinn gedeutet, dass Jesus Christus Gott geopfert wurde, um Gott zu versöhnen – Paulus spricht aber auch schon davon, dass auf diese Weise der Mensch mit Gott versöhnt werden sollte.
f) Aber auch: Dass Jesus zu einem Opfer wird, das der Mensch (Jesus) Gott darbringt, hatte immense Auswirkungen: Christen opfern nicht mehr. Das heißt, dass durch diese Aussage archaische Schichten des Menschen angeregt werden: Wir müssen nicht mehr opfern. Gott selbst hat sich geopfert in seinem Sohn Jesus Christus.
(Das kann hier nicht ausführlicher dargelegt werden. Aspekte habe ich sowohl in meinem Buch: Judas – brauchte Gott den Verräter und in meinem Paulusbuch (Paulus lesen und verstehen) dargelegt.

 

Holger Gronwaldt
26. Oktober 2017 um 15:58 Uhr

Der Mensch kämpft gegen Gott an. Das aus unterschiedlichsten Gründen. Er kämpft so sehr gegen Gott an, dass er auch Jesus Christus hinrichtet.

Sehe ich nicht so. Im Altertum hat es immer mehr Menschen gegeben, die an ihren Gott glaubten, als solche, die keinen Gott hatten. Gäbe es einen Gott, der für alle Menschen da wäre, dann hätte er sich auch allen offenbaren können.

Der Tod Jesu wurde erst im Nachhinein überhöht. Er war wahrscheinlich ein charismatischer Prediger, der den etablierten Schichten lästig wurde („Tempelreinigung“) und deshalb hingerichtetr wurde, bevor er mehr Schaden anrichten konnte.

Ob es die Bergpredigt überhaupt gab und wenn ja, was Jesus dort gesagt hat, können wir nicht wirklich wissen, denn es wurde mehrere Jahrzehnte nur mündlich überliefert und dabei sicherlich von Mal zu Mal ausgeschmückt, bis dann Matthäus es in seinem Sinne swchriftlich niederlegte. Was er dabei weggelassen und hinzugefügt hat, lässt sich nicht mher rekonstruieren.

Nun hat der Mensch Jesus Christus hingerichtet, weil er Gott loswerden wollte – und Gott reagiert darauf im Sinne der Feindesliebe: Dieser Tod Jesu wird dazu verwendet, den Menschen zu befreien von seiner Schuld – auch mit Blick auf Gott.

Das kann so nict stehen bleiben, denn laut NT war die Hinrichtung vorbestimmt, Igr Gott kann also nicht im Nachhinein daruf reagiert haben.

…sagen die Einsetzungsworte, dass Jesus sich für den Menschen opfert.

Auch das kann man nicht wissen. Die Hinrichtung Jesu wurde erst später von seinen Anhängern, die damit nicht gerechnet hatten, umgedeutet.

Dass Jesus zu einem Opfer wird, das der Mensch (Jesus) Gott darbringt, hatte immense Auswirkungen“

Für einen Menschen dews 21. Jahrhunderts ist es nicht nachvollziehbar, dass ein Gott, der außerdem noch reine Liebe sein soll, überhaupt ein Opfer verlangen könnte. Die Deutung, dass Jesus als Aufrührer hingerichtet und seinem Tod hinterher einen „Sinn“ oktroyiert wurde, ist viel plausibler.

Ganz abgesehen davon, dass die Praxis des Opferns, seien es Menschen, Tiere oder nur Feldfrüchte, in unserem modernen Weltbild nicht mehr den geringsten Sinn ergibt: ein Gott, der unser grandioses, immens großes Weltall geschaffen hätte, dürfte sich kaum dafür interessieren, ob ein paar Lebewesen auf einem unbedeutenden Planeten in einem unbedeutenden Sonnensystem in einer von mehreren Hundert Milliarden Galaxien irgendetwas ihm zu Ehren verbrennen.

 

Wolfgang Fenske
28. Oktober 2017 um 17:09 Uhr

Dass der Mensch gegen Gott ankämpft… – der Mensch hat sehr viel gegen Gott einzuwenden – vor allem auch das Thema Leiden: Warum lässt Gott das zu? Warum…? Und weil Gott dem Menschen viel zumutet, auch eben ethisch (da der Mensch Sünder ist, will er sich von Gott nicht reinreden lassen), wendet er sich gegen Gott. Auch in der Kirche, auch Christen. Das heißt eben nicht, dass Glaubende nichts gegen Gott haben können. Gerade am und im Glauben an Gott Frustrierte oder diejenigen, die sich in einem bestimmten Glauben eingerichtet haben, und Gott nicht verstehen, wenden sich gegen Gott. Das ist damit gemeint, dass der Mensch gegen Gott kämpft.

Der Tod Jesu wurde im nachhinein überhöht… Ja, der Tod Jesu wurde erst nach der Erfahrung, dass Jesus auferstanden ist, neu gedeutet, neu verstanden. Das finden wir auch schon als Aussage im NT. Man mag das Überhöhung nennen – aber aus Glaubensperspektive heißt das: Uns wurden die Augen dafür geöffnet, dass hinter der brutalen Wirklichkeit des Kreuzestodes noch ein anderer als der vordergründige Sachverhalt wirksam ist/war.

Warum Jesus hingerichtet wurde, ist vielfach untersucht worden. Er wurde einmal religiös lästig, sodann aber auch politisch den Römern gefährlich. Darum wurde er gekreuzigt, nicht gesteinigt.

Die Bergpredigt gibt es ja. Aber sie ist, wenn man sie mit der Feldrede des Lukas vergleicht, erst durch Matthäus aus Worten Jesu gebildet worden. In der historisch-kritischen-Exegese gibt es zahlreiche Methoden, mit deren Hilfe man versucht, Worte Jesu von denen zu unterscheiden, die ihm später in den Mund gelegt wurden. Auf diese Weise kann man schon eine ganze Menge erkennen, was von Matthäus ist, was von Jesus.

Dass die Hinrichtung laut NT vorherbestimmt war – wir finden häufig die Aussage, „das musste geschehen“… Diese Aussage gehört zu den nachösterlichen Verstehensversuchen des Todes Jesu durch die Gemeinde. („Das göttliche Muss“ – habe ich es in meinem Buch zu Judas genannt.)

Wir Menschen des 21. Jahrhunderts sind nicht vom Himmel gefallen, Wir stehen in der Tradition derer, die vor uns waren und vieles erarbeitet haben. Die christliche Tradition hat es ermöglicht, uns vom Opfer zu lösen – davon lebt auch der Mensch des 21. Jahrhunderts. Geschichtlich darf man nicht fragen, was wäre wenn? Es ist eben erkennbar, dass in der christlichen Kultur das Opfer irrelevant wurde. Und die Frage stellt sich: Warum ist dem so? Die Antwort: wegen Jesus…

Ob ein Gott, der das grandiose Weltall geschaffen hat, sich für den Menschen interessieren würde oder nicht – das ist eben die Frage. Manche mögen sagen: Nein. Der jüdische und der christliche Glaube sagen: Ja! Und staunen darüber, dass dem so ist. Psalm 8: Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst? … Das ist gerade das Wunderbare…

 

Wolfgang Fenske
28. Oktober 2017 um 17:24 Uhr

Ist die Bibel Gottes Wort?
Koran und Buch Mormon dürfen nicht herangezogen werden, weil sie in der biblischen Tradition stehen. Beide versuchen die Bibel abzulösen bzw. aus einer anderen Perspektive zu deuten. Sie sind Reaktionen auf die Bibel. Die Frage ist: Was bedeutet es, wenn man sagt, die Bibel ist Gottes Wort? Sie ist von Menschen aufgeschrieben. Sie bietet damit ein Mosaik an Gotteserfahrungen. Christen sehen, dass der alttestamentliche Teil (wie auch der neutestamentliche Teil) der Bibel aus der Perspektive Jesu gelesen werden muss – diese beiden prägen jedoch wiederum das Verstehen Jesu. Das klingt kompliziert, ist aber aus der „dritten Dimension“ des christlichen Glaubens einfach: der Heilige Geist/der Geist Gottes eröffnet das Verstehen. Und so kann mir das, was vordergründig von Menschen geschrieben wurde, zu Gottes Wort werden: Es zeigt mir Wege auf, die ich gehen soll, es tröstet, stärkt, ermuntert, stellt infrage… Das Problem vor dem man steht ist: Viele sagen, sie würden den Geist Gottes haben und verstehen die Bibel unterschiedlich. Dazu ist die Kommunikation notwendig. Der einzelne Christ steht in Interaktion mit Menschen der Gemeinde und muss selbstkritisch genug sein und sich korrigieren lassen. Allerdings auch selbstbewusst genug sein, sich nicht korrigieren zu lassen, wenn wirklich keine Überzeugung stattgefunden hat. Dass hier aber der Haken liegt, ist zu sehen – und darum gibt es ja auch so viele Konfessionen. Der Ökumenische Rat der Kirchen versucht an dieser Stelle Fehler der Vergangenheit zu korrigieren (macht seinerseits freilich auch wieder Fehler). Gut ist, dass Christen heute trotz aller unterschiedlicher Glaubensmeinung in der Nachfolge Jesu unterwegs sind und gemeinsam für Menschen in Notlagen da sind.

Den Satz:

„Und wozu? Um uns Menschen eine Sünde zu vergeben, die von Menschen begangen wurden, die nachweislich nie existiert haben!“

habe ich nicht verstanden. Dass Menschen schuldig werden sieht man ja allerorten. An dieser Stelle ist es ein großartiges Angebot Gottes, die Möglichkeit zu bieten, die Sünde zu vergeben. Das bedeutet eben die durch Jesus Christus erkannte und geschaffene Befreiung: Ich bin nicht an meiner Vergangenheit gefesselt. Ich kann neu anfangen…

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Wolfgang Fenske © 2018