Blog-Diskussionen

Atheismus und Christentum

Ausgangstext 18.11.2017: http://blog.wolfgangfenske.de/2017/11/18/erkenntnis-2/

Erkenntnis - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 18. November 2017

Über Erkenntnis diskutieren nicht nur griechische Philosophen – die vielfach auch metaphysisch dachten. Über Gotteserkenntnis denkt man auch im Buch Hiob/Iob nach: Hiob erkennt: ich habe Gott bislang vom Hörensagen eingeschätzt – aber nun habe ich ihn erkannt… – nachdem Gott mit ihm gesprochen hatte. Im Neuen Testament spricht Paulus auch von Stufen der Erkenntnis im christlichen Bereich. Und er spricht davon, dass Gott in das Herz Regeln des Zusammenlebens hineingeschrieben hat. Philosophen des Westens haben über diese Themen weiter nachgedacht. Sie standen fest im christlichen Glauben. Erst in der Neuzeit versuchte man sich auch in dieser Frage vom christlichen Gauben zu lösen.

Es gibt unterschiedliche Erkenntnis-Stufen im Christentum. Schlimmerweise haben Dominante anderen darum auch die Köpfe eingeschlagen. Es gibt unterschiedliche Konfessionen – und Christen sprechen nicht mit einer Zunge. Das mag man beklagen. Religionen, Konfessionen, Sondergruppen, Sondsergrüppchen… – es wimmelt nur so von religiösen Erkenntnissen. Aber spricht das gegen die Existenz Gottes?

Wenn wir uns die Philosophie anschauen, da wo es um die Frage der Erkenntnis geht, sprechen auch nicht alle mit einer Stimme – selbst Rationalisten sind sich nicht einig. Geht man immer sanft mit Menschen anderer Positionen um? Sicher, man schlägt sich nicht gegenseitig die Köpfe ein, aber es finden vermutlich Schlachten an den Universitäten statt: Nehmen wir den, nehmen wir den nicht?

Auch so manche Christen haben gelernt, auf Jesus Christus zu schauen und nicht auf die eigene Rechthaberei – das unter anderem auch Dank der Religionskritiker, die in christlicher Tradition stehen. Aber: Keiner steht über dem wimmelnden Erkenntnis-Treiben. Wir sind alle Teil der Auseinandersetzungen. War es Xenophanes, der sinngemäß sagte: Wenn einer auch die Wahrheit erkannt hat – so erkennt man nicht, dass es die Wahrheit ist?

Auch wenn manchen der Schädel brummt angesichts all der verschiedenen Aussagen zur Erkenntnis und somit Skeptizismus sich breit machen möchte – oder man sich vor dem Skeptizismus in den Dogmatismus flüchten mag:

Mensch, du bist Mensch,

eingebunden in Deinem Leben,

freu dich freundlich darüber

mit den anderen Menschen,

die anderes erkennen und denken.

 

Diskussionsfaden
3 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
18. November 2017 um 15:13 Uhr

Im Neuen Testament spricht Paulus auch von Stufen der Erkenntnis im christlichen Bereich.

Nun, ich denke, wir sollten hier zwischen (objektiver) Erkenntnis und vermeintlicher Erkenntnis – also Illusion – unterscheiden. Eine „christliche“ Erkenntnis kann es nur geben, wenn das Christentum – wieder einmal – den Anspruch erhebt, im alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein! Doch dafür gibt es außerhalb der reinen Behauptung durch das Christentum nicht den geringsten Beleg.

Und er [Paulus] spricht davon, dass Gott in das Herz Regeln des Zusammenlebens hineingeschrieben hat.

Auch diese vermeintliche Erkenntnis ist längst überholt. Kooperation bis hin zum Altruismus ist eine notwendige Voraussetzung für die Menschwerdung, d. h., ohne diese Eigenschaften hätten unsere affenähnlichen Vorfahren nie die Möglichkeit gehabt, sich weiter zu entwickeln. Darüber hinaus findet sich diese Regel bereits im sonstigen Tierreich praktisch bei allen Säugetierarten, die in Gruppen zusammenleben und jagen. Einfach deshalb, weil es anders gar nicht geht.

Wenn wir uns die Philosophie anschauen, da wo es um die Frage der Erkenntnis geht, sprechen auch nicht alle mit einer Stimme – selbst Rationalisten sind sich nicht einig.

Und doch ist diese Einigkeit größer als jemals zuvor. Weil nämlich die Kriterien für objektive Erkenntnis – nicht zuletzt von Karl Popper – fein säuberlich herausgearbeitet worden sind. Dahinter kann niemand, der in der Philosophie ernst genommen werden will, mehr zurückfallen.

Dank der evolutionären Erkenntnistheorie wissen wir heute ziemlich genau, wo objektive Erkenntnis möglich ist und wo uns unsere Sinne beim Erkenntnisprozess Streiche spielen können.

es wimmelt nur so von religiösen Erkenntnissen. Aber spricht das gegen die Existenz Gottes?

Wenn sich zwei „Erkenntnisse“ inhaltlich widersprechen, so ist notwendigerweise mindestens eine davon falsch.

Die Nicht-Existenz „Gottes“ ist nicht beweisbar, jedenfalls so lange nicht, bis der bis hierher vage Begriff inhaltlich schärfer ausformuliert ist.

Je spezifischer eine Gottesvorstellung, desto leichter ist sie widerlegbar. Vielfach schon allein mit einer rein logischen Begründung (z. B. dass ein Gott gleichzeitig allwissend und allmächtig sein kann), mindestens aber ebenso häufig durch Überprüfung an der Realität („“Gott“ hilft den Seinen“ kann statistisch problemlos ad absurdum geführt werden).

Jede Religion verwickelt sich notwendigerweise in Widersprüche, da sie mit einer hypothetischen Entität umgeht, die losgelöst von der Realität gedacht werden müsste, von den Religionen aus durchsichtigen Motiven heraus aber in diese hineingezerrt wird. „Gottes“ Wirken in dieser Welt ist nicht nur nicht feststellbar, sondern anhand konkreter Ereignisse widerlegbar. Spätestens der 1. November 1755 hat die Illusion eines christlichen Gottes, der die Geschicke der Menschen beeinflusst, ein für alle Mal widerlegt und es ist ein leichtes, für jeden anderen konkret gedachten Gott einen entsprechenden Gegenbeweis zu liefern.

Noch einmal: je „realer“ eine Gottesvorstellung formuliert wird, desto eher erweist sie sich als unhaltbar.

freu dich freundlich darüber
mit den anderen Menschen,
die anderes erkennen und denken.

Guter Ansatz, leider mit einem kleinen Denkfehler: „erkennen“ kann letztendlich nur intersubjektiv stattfinden. Nur wenn sich viele Menschen über einen Sachverhalt der Wirklichkeit austauschen und zu der selben Aussage darüber gelangen, kann man von Erkenntnis reden, die allerdings immer noch falsch sein kann (siehe Newtons Theorie der Gravitation).

Zu bejahen ist aber auf alle Fälle, dass man andere Menschen nicht für das verachtet, was sie denken und als richtige „Erkenntnis“ annehmen. Ich halte es da mit Goethe: „Es irrt der Mensch, solang er strebt.“ Zumindest kritisieren aber muss man die Zeitgenossen, die in ihrem Streben nach objektiver (ich vermeide bewusst das Wort „wahre“) Erkenntnis nachlassen oder es ganz aufgeben. Alles Wissen ist vorläufig und kann jederzeit durch eine höhere Erkenntnisstufe bereichert werden.

 

Wolfgang Fenske
19. November 2017 um 7:16 Uhr

Ich würde jetzt zu gerne ausführlich auf beide Beiträge eingehen. Leider komme ich vermutlich erst am Donnerstag dazu. Ich kann mich leider nicht zerteilen. Auch das ist eine Erkenntnis…

Eine Zusammenstellung der Diskussion bis zum Stand von vor ein paar Tagen: blog-diskussionen.wolfgangfenske.de
Ich muss allerdings einen Teil noch ein wenig in Ordnung bringen.
Gruß WF

 

Wolfgang Fenske
22. November 2017 um 20:17 Uhr

Das, was wir unter der Frage nach Gott und Religion diskutieren, ist im Grunde eine Frage des Menschenbildes. Welches Bild haben wir vom Menschen. Wie erkennt der Mensch. Was kann er wahrnehmen. Ich denke, religiöse Menschen haben vieles mit dem Künstler gemeinsam: Weltwahrnehmung in Dimensionen, die man nicht messen kann.
Wenn wir das Gedicht von Rilke (Liebeslied) nehmen:
Wie soll ich meine Seele halten,
dass sie nicht an deine rührt?
Was soll das? Seele gibt es nicht. Es wurde kein entsprechendes Organ gefunden… Von daher kann Seele auch nicht an andere Seelen rühren usw.
Menschen versuchen etwas auszusprechen, Sprache zu sprengen – für das, was sie empfinden. Und das versucht auch die religiöse Sprache. Wir Menschen empfinden etwas, nehmen es wahr (nicht alle – freilich) etwas, vor dem sie im Grunde kapitulieren müssten, weil es nicht aussprechbar – somit nicht denkbar? – ist. Dennoch versuchen sie es. Und das ist dann eben der Mythos aus religiöser Perspektive: Etwas, das man wahrgenommen hat, was man aber nicht wirklich aussprechen kann, dann mit Hilfe von unzureichenden Worten, die evtl. Emotionen auslösen können, damit meine Seele die des anderen berühren kann und er selbst zu diesem Finden dessen kommt, was ich wahrnehme. Es geht darum, dass an dieser Stelle eine unterschiedliches Menschenbild bzw. Weltbild zum Tragen kommt.
*
Wenn ich Hiob und Paulus angesprochen habe: Es geht darum, dass Sie geschrieben haben, dass das Thema Erkenntnis eine der Philosophie sei. Mit Paulus wollte ich sagen: Das ist zu kurz gegriffen. Ob eine starre Trennung von Theologie und Philosophie angemessen ist, auch darüber lässt sich diskutieren. Beiden geht es um Wahrnehmung von Menschen und Welt – und das Metaphysische gehört dazu, auch wenn sich bei dem Begriff „Metaphysik“ nicht nur bei manchen Christen die Fußnägel kringeln, sondern auch bei Philosophen. Aber nichts desto trotz: Wir sind bei der Frage: Was leistet Sprache, was definieren wir wie… – und da gibt es naturgemäß massive Differenzen und somit Diskussionen.

Nun zu den Details:

[Im Neuen Testament spricht Paulus auch von Stufen der Erkenntnis im christlichen Bereich.]
Nun, ich denke, wir sollten hier zwischen (objektiver) Erkenntnis und vermeintlicher Erkenntnis – also Illusion – unterscheiden. Eine „christliche“ Erkenntnis kann es nur geben, wenn das Christentum – wieder einmal – den Anspruch erhebt, im alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein! Doch dafür gibt es außerhalb der reinen Behauptung durch das Christentum nicht den geringsten Beleg.

Inzwischen versuchen auch andere den Anspruch zu erheben, im Besitz der Wahrheit zu sein. Ich liebe Xenophanes – ich glaube ich schrieb es schon: Wenn einer die Wahrheit hat, dann weiß niemand, ob es die Wahrheit ist. Aber, auch wenn jeder das weiß, beharrt er auf seinen Standpunkt – und diskutiert, wenn er weltoffen ist, denn vielleicht erfährt er Neues, sodass er seinen Standpunkt revidieren muss. Aber so lange das nicht passiert, so lange sein Weltbild mit seinen Erfahrungen, seinem Denken kompatibel ist, so lange wird er diesen nicht verlassen, evtl. modifizieren. Was heißt: „außerhalb der reinen Behauptung“ – wie soll man Erfahrungen auf dieser Ebene des Religiösen vermitteln, unabhängig von Sprache, unabhängig von seinen Taten? Christen haben Geduld: Vielleicht kommt die Gotteserkenntnis ja doch noch. Wenn man sich offen hält für Gotteserfahrung und nicht blockiert, dann wird man sie machen – und dann? Dann ist der christliche Glaube eben auch Teil des jeweiligen Menschen, der diese gemacht hat. So real, wie sie für den Glaubenden immer real gewesen ist. Man kann mit Hilfe unserer heutigen, alles säkularisierenden Sicht sagen: alles psychisch bedingt. Aber hier muss ich die Katze aus dem Sack lassen: Für mich ist der Mensch mehr als ein Wesen, das in irgendwelche vermeintlich objektive Schublädchen gesteckt werden kann.

[Und er [Paulus] spricht davon, dass Gott in das Herz Regeln des Zusammenlebens hineingeschrieben hat.]
Auch diese vermeintliche Erkenntnis ist längst überholt. Kooperation bis hin zum Altruismus ist eine notwendige Voraussetzung für die Menschwerdung, d. h., ohne diese Eigenschaften hätten unsere affenähnlichen Vorfahren nie die Möglichkeit gehabt, sich weiter zu entwickeln. Darüber hinaus findet sich diese Regel bereits im sonstigen Tierreich praktisch bei allen Säugetierarten, die in Gruppen zusammenleben und jagen. Einfach deshalb, weil es anders gar nicht geht.

Ein kleiner Unterschied zwischen Mensch und Tier: Ich weiß, auch beim Menschen gibt es Spontan-Handler – aber der Mensch hat die Fähigkeit sein Handeln zu reflektieren und sich zu fragen: Macht es Sinn, sich zu opfern? Und diese selbstbewusste Selbstaufgabe für andere – haben Sie das auch schon im Tierreich entdeckt? Ich bin in diesem Thema nicht so sehr bewandert – würde mich wirklich interessieren.

[Wenn wir uns die Philosophie anschauen, da wo es um die Frage der Erkenntnis geht, sprechen auch nicht alle mit einer Stimme – selbst Rationalisten sind sich nicht einig.]
Und doch ist diese Einigkeit größer als jemals zuvor. Weil nämlich die Kriterien für objektive Erkenntnis – nicht zuletzt von Karl Popper – fein säuberlich herausgearbeitet worden sind. Dahinter kann niemand, der in der Philosophie ernst genommen werden will, mehr zurückfallen.
Dank der evolutionären Erkenntnistheorie wissen wir heute ziemlich genau, wo objektive Erkenntnis möglich ist und wo uns unsere Sinne beim Erkenntnisprozess Streiche spielen können.
[es wimmelt nur so von religiösen Erkenntnissen. Aber spricht das gegen die Existenz Gottes?]
Wenn sich zwei „Erkenntnisse“ inhaltlich widersprechen, so ist notwendigerweise mindestens eine davon falsch.

Klar, darum sagt ja auch jeder: Ich habe Recht. Aber auch hier muss ich Paulus ansprechen: Prüfet alles, das Gute behaltet – das heißt, auch in anderen Religionen und Weltanschauungen kann aufgrund meines christlichen Maßstabs Gutes erkannt und übernommen werden. Christen sind ja auch in gewisser Weise eine Art Staubsauger-Religion: Nippen an Philosophien (Stoa, Platon…) usw. – eben weil sie davon ausgehen, dass Gott eine Ahnung seiner selbst in die Menschen gelegt hat (Herz mag ich gar nicht mehr sagen, weil es eben als Organ nicht mehr metaphorisch verwendet werden kann?) Und: Wie geschrieben: Menschen haben diese Ahnung aus ihrer jeweiligen Kurzsichtigkeit (kann ich das metaphorisch noch sagen?) verfremdet. Anders gesagt: Gott hat den Menschen Freiheit geschenkt (Metapher?) – und so wendet er sich auch gegen Gott.
Popper in Ehren – aber meinen Sie, dass wir mit Popper im Grunde am Ende der Erkenntnis dessen, was objektive Erkenntnis ist, angelangt sind? Geschichte hält sicher noch so manche überraschende Erkenntnis für uns Menschen bereit.

Die Nicht-Existenz „Gottes“ ist nicht beweisbar, jedenfalls so lange nicht, bis der bis hierher vage Begriff inhaltlich schärfer ausformuliert ist.

Ich weiß nicht, ob ich mich wiederhole. Aber aus christlicher Perspektive kann Gott nicht beweisbar sein – denn wenn er beweisbar wäre, wäre der Mensch nicht mehr frei zu glauben. Das mag man als Ausflucht sehen: Wenn man als Christ keine Antwort mehr hat, dann reagiert man eben so, dass da keiner mehr irgendwo angreifen kann. Kurz: Wischiwaschi. Aber: Das ist die Logik christlicher Religion.

Je spezifischer eine Gottesvorstellung, desto leichter ist sie widerlegbar. Vielfach schon allein mit einer rein logischen Begründung (z. B. dass ein Gott gleichzeitig allwissend und allmächtig sein kann), mindestens aber ebenso häufig durch Überprüfung an der Realität („“Gott“ hilft den Seinen“ kann statistisch problemlos ad absurdum geführt werden).

Auch hier aus christlicher Perspektive: Wischiwaschi: Jesus sagt den Seinen, dass er bei ihnen ist. Und er hilft aus christlichem Glauben heraus gesehen auch. Nur: Hilfe heißt nicht „retten“ – so sagt Jesus ja auch den Tod durch Verfolgung an. Das widerspricht dem, was man aus gut bürgerlichen Kreisen unter Hilfe und Rettung versteht. Aber auch hier befinden wir uns auf einer anderen Ebene. Wir bürgerlichen Menschen – Sie haben das ja auch mit Blick auf Reichtum angekreidet – interpretieren Jesus so, wie er uns lieb ist. Und dazu gehört eben auch: Er hilft aus aller Not – er gibt Erfolg (Erfolgschristentum) – der Gerechte kann nicht leiden… Aber Jesus selbst ist ja ein Beispiel dafür, dass das nicht hinhaut. An dieser Stelle bin ich auch Kritiker unseres bürgerlichen Christentums. Das hat dann eben auch zur Folge, dass die Theodizee-Frage dazu führen kann, dass sich Menschen von dem bürgerlichen Notretter-Gott abwenden, weil sie merken, das stimmt ja gar nicht. Gott ist vielfach anders, als wir es uns so ausdenken.
Und was die Worte „allmächtig“ und „allwissend“ betrifft – aus christlicher Perspektive sind diese Worte zu definieren. Und die Definition kann nicht von der griechischen Mythologie herkommen: Zeus… – sondern: Von Gott her muss man sehen, was allwissend und allmächtig usw. ist. Unsere Sprache ist begrenzt. Wir übernehmen Sprache – und irgendwann merken wir: Sie trifft nicht den geglaubten Sachverhalt. Wie lange hat es gedauert, bis man die Trinität oder das Verhältnis Gott-Mensch in Jesus Christus formulieren konnte. Und was ist dann diese Formulierung? Treffend – aber aus Sicht der säkularen Logik: Wischiwaschi. Das erinnert mich übrigens an die Versuche das zu formulieren, was unendliche Endlichkeit („All“ bedeutet). (Manche Christen versuchen eben die Begriffe Allmächtig usw. ganz aus dem christlichen Vokabular zu streichen. Aber das ist, denke ich, der Versuch, Gott objektivierend den Kritikern anzupassen.

Jede Religion verwickelt sich notwendigerweise in Widersprüche, da sie mit einer hypothetischen Entität umgeht, die losgelöst von der Realität gedacht werden müsste, von den Religionen aus durchsichtigen Motiven heraus aber in diese hineingezerrt wird. „Gottes“ Wirken in dieser Welt ist nicht nur nicht feststellbar, sondern anhand konkreter Ereignisse widerlegbar. Spätestens der 1. November 1755 hat die Illusion eines christlichen Gottes, der die Geschicke der Menschen beeinflusst, ein für alle Mal widerlegt und es ist ein leichtes, für jeden anderen konkret gedachten Gott einen entsprechenden Gegenbeweis zu liefern.

Wir haben Gottesbilder – die Gottesbilder werden widerlegt. Aus meiner Perspektive ist das genau anders herum: Man versucht die Welt von Gott zu lösen – und nicht Gott in die Welt hereinzuzerren. Was nun? Zwei Weltbilder. Man ringt darum, dem jeweils anderen zu verdeutlichen, was gemeint ist. Ich habe die schlechteren Karten – zumindest ihrer Weltanschauung gegenüber – weil Sie etwas verlangen, was ich aus genannten Gründen nicht liefern kann. Und hier haben religiöse Menschen welcher Religion auch immer Gemeinsamkeiten: Man muss nicht viel über Gott diskutieren, denn er ist real. Das wäre wie wenn einer versucht, die Sonne wegzudiskutieren, weil er sie nicht sehen kann.
Mit dem Judentum und dem Christentum und dem Islam haben wir es mit Offenbarungsreligionen zu tun: Gott muss sich dem Menschen zeigen, sich wahrnehmen lassen usw. Das heißt: Gott selbst bricht in die Welt der Menschen hinein – Menschen nehmen ihn voller Schrecken wahr. (Aus dem Grund heißt es vielfach in biblischen Texten: Fürchtet euch nicht… – weil Menschen angesichts des hereinbrechenden Göttlichen in ihre kleine, verobjektivierte Welt in Panik geraten…)

Noch einmal: je „realer“ eine Gottesvorstellung formuliert wird, desto eher erweist sie sich als unhaltbar.
„freu dich freundlich darüber
mit den anderen Menschen,
die anderes erkennen und denken.“
Guter Ansatz, leider mit einem kleinen Denkfehler: „erkennen“ kann letztendlich nur intersubjektiv stattfinden. Nur wenn sich viele Menschen über einen Sachverhalt der Wirklichkeit austauschen und zu der selben Aussage darüber gelangen, kann man von Erkenntnis reden, die allerdings immer noch falsch sein kann (siehe Newtons Theorie der Gravitation).

Diese letzte Ausflucht ist gut: Denn die Religiösen sind sich einig in der Frage der Existenz Gottes, einer Macht usw. Wissenschaft geht durch Irrtum hindurch usw. Und was sagt uns das? Und das formulieren Sie sehr schön:

Zu bejahen ist aber auf alle Fälle, dass man andere Menschen nicht für das verachtet, was sie denken und als richtige „Erkenntnis“ annehmen. Ich halte es da mit Goethe: „Es irrt der Mensch, solang er strebt.“ Zumindest kritisieren aber muss man die Zeitgenossen, die in ihrem Streben nach objektiver (ich vermeide bewusst das Wort „wahre“) Erkenntnis nachlassen oder es ganz aufgeben. Alles Wissen ist vorläufig und kann jederzeit durch eine höhere Erkenntnisstufe bereichert werden.

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