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Atheismus und Christentum

Ausgangstext der Diskussion 02.12.2017: http://blog.wolfgangfenske.de/2017/12/02/bibel-1-2/

Bibel 1 - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 2. Dezember 2017

Diese Darlegung geht auf manche Aspekte ein, die in der Diskussion mit Holger Gronwaldt angesprochen wurden.

Ich finde es sehr interessant, dass so mancher Zeitgenosse Einheit in der Bibel sucht: Die eine Stimme der Bibel, die eine Stimme der Christen.

Was mich schon immer faszinierte war, dass die frühe Gemeinde vier Evangelien in dem Kanon zusammengefasst hat. Matthäus liegt intensiver am Gesetz, daran, dass ein Leben, das nicht nach Gottes Willen ausgerichtet ist, bedroht ist von Gottesferne. Gemeindeordnung ist auch sein Thema, Bergpredigt – die praktizierende Liebe aus dieser Perspektive. Lukas hingegen legt mehr Wert auf die Zuwendung Jesu zu den Menschen. Liebe Gottes, Vergebung durch Gott – das sind seine Themen. Matthäus ist Judenchrist, Lukas ist Heidenchrist. Mit Markus hat das Evangelium begonnen: Er ist Bewunderer Jesu und beschreibt seinen Weg in Israel – beschreibt das, was er von Menschen, die Jesus noch kannten, erfahren hat. Der rote Faden seines Evangeliums: Jesus Christus hatte großen Erfolg – starb dann jedoch durch Verrat, verlassen von Freunden und Schülern, selbst von Gott. Das Johannesevangelium sieht den gesamten Lebensweg Jesu aus der Perspektive der Auferstehung, eingebettet in philosophischer Sprache. Jesus, der Logos Gottes wurde Mensch, der Logos, die Wahrheit setzt den Weg auf der Erde fort, bis es seine Aufgabe vollendet (es ist vollbracht) hat. (Eine Anmerkung: Nicht erst Markus hat ca. 30-40 Jahre nach Jesu Geburt begonnen, Worte aufzuschreiben. Er selbst greift auf Quellen zurück, so die Passionsgeschichte und andere, Matthäus und Lukas greifen neben dem Markusevangelium noch die so genannte Logienquelle auf, die schon sehr früh begonnen hat, Worte Jesu zu sammeln, wir haben Paulus…)

Ich könnte noch mehr schreiben – aber darum geht es mir: Die frühe Gemeinde hat unterschiedliche Evangelien aufgenommen. Warum? Warum hat sie nicht nur ein Evangelium als Maßstab (Kanon), warum hat sie nicht alle irgendwie zu einem zusammengefasst? Der Prozess der Kanonisierung war im Wesentlichen demokratisch. Man nahm das auf, was (unter anderem) viel gelesen wurde. Und das zeigt, dass die christliche Gemeinde von Anfang an vielfältig war. Man denke nur an die Auseinandersetzung zwischen Paulus, Petrus, Jakobus – und dann auch Johannes. Die Vielfalt prägt die Gemeinde. Und dann kam die Einfalt: Man versuchte eine Monokultur zu errichten, zu.

Wie ist das theologisch zu verstehen? Aus meiner Perspektive: Gottes Geist ist ein Geist. Gott widerspricht sich nicht. Ausgangspunkt a). Dann: Ausgangspunkt b): Gott gibt dem Menschen Freiheit. Und nun trifft der eine Gott auf vielfältige freie Menschen. Die Folge ist: Er wird nicht überall gleich erkannt und vertreten. Gott scheut sich also nicht, in Vielfalt laut zu werden – und dadurch spricht er auch vielfältige Menschen an. Entsprechend gibt es auch in der Kirchengeschichte unter den Heiligen sehr sonderbare Heilige – und noch sonderbarerer Heiligsprecher. Von daher liegt es in guter reformatorischer Tradition, wenn man auch die Großen der Vergangenheit nicht alle Ideen bewundert und über einen Kamm schert, sondern eben erkennt: Es waren Menschen. Aber eben: Manche von ihnen waren großartige Menschen, die uns heute noch viel zu sagen haben.

Die Frage bleibt: Wo ist die Einheit? Denn der Heilige Geist, der Geist Gottes ist ja einer und strebt auch unter den Menschen nach Einheit. Einheit in der Nachfolge Jesu, Einheit also in der Kirche. Von daher gibt es zwar vier unterschiedliche Evangelien – aber die frühe Gemeinde hat auch Evangelien ausgeschlossen. Warum? Weil sie aus ihrer Perspektive nicht mehr in den Rahmen passte. Und ich sehe hierin eben auch das Wirken des Geistes: Er gibt einen Rahmen und diesen haben Menschen dann verantwortungsvoll auszufüllen.

Und so gibt es auch aus meiner Perspektive unterschiedliche Grade des Christseins. Manche meinen, Christen zu sein, ohne den Rahmen (zum Beispiel die vier Evangelien) beachten zu müssen, ohne den Geist Gottes, andere Stimmen der Gemeinde beachten zu müssen. Sie legen selbst ihren Rahmen fest – auch wenn er außerhalb des christlichen Rahmens steht. Man denke an die Deutschen Christen, die einfach Teile der Bibel strich, weil sie meinten, ihre Weltanschauung biete einen sichereren Rahmen als der christliche Glaube und seine Tradition. Entsprechend kam es zu furchtbaren Auswüchsen. Aber das war nicht nur unter dem Nationalsozialismus so. Man denke an das Apartheitssystem, an die Christen, die sich dem Maoismus, dem Leninismus/Stalinismus angepasst haben, an den Kolonialismus, an die Christen, die sich im Mittelalter nicht um den Maßstab scherten, denen es dann nur um Macht ging. Und auch heute gibt es viel Übel – man denke an den Kapitalismus in seiner unmenschlichen Form… Und auch heute kommt es vielen gar nicht mehr darauf an, ob ihr Glaube mit Hilfe der Bibel in den Rahmen passt, den z.B. die Evangelien vorgeben.

Es gibt also Einheit – und Vielfalt. Wie kann die Einheit gewahrt werden, damit der christliche Glaube nicht noch stärker in unzählige Klitzekleine Einheiten zerfällt? Die frühe Christenheit hat neben dem Kanon die Hierarchie gestellt. Aus meiner Perspektive müssen wir beachten:

Jeder dieser einzelnen Teile ist aber Vielfalt. Wie kann daraus dennoch eine relative Einheit werden?

Diese ist nicht durch Knopfdruck zu erreichen. Sie ist durch ernsthaftes Eindringen in die Welt zu erreichen, die Gott uns bietet – die ich oben dargestellt habe. Und so erkennt man dann, dass es einen festen Kern gibt. Aufgrund dieses Kernes können Christen dann einander erkennen und anerkennen, obgleich sie am Rande unterschiedliche Ansichten und Meinungen haben, und sie auch heftig miteinander aushändeln.

Hierbei sind auch die letzten Worte Jesu am Kreuz so interessant: Historisch fragt man: Was hat Jesus denn nun wirklich gesagt? Man kann sich darüber als Historiker den Kopf zerbrechen. Was fand vor 2000 Jahren statt, was war wirklich? Hat Jesus alle gesagt? Nur eines? Gar keins dieser Worte? Das ist aber nur die Weltanschauung dessen, der Geschichte betont. Jesus wird zu eine historischen Figur, wie Caesar, Sokrates…

Die Weltanschauung dessen, der mit Gottes Welt rechnet, fragt anders: Warum hat der Geist Gottes die Vielfalt der Überlieferung betont? Entsprechend haben unzählige Menschen aus den vielfältigen Worten Trost, Lebenshilfe bekommen. Die Frage nach der historischen Wahrheit ist nur die eine Seite der Medaille, die vielleicht in der Gegenwart Mitteleuropas und der USA eine gewisse Relevanz hat. (Denn: Wer sagt, dass die Suche nach den Unterschieden wirklich relevanter ist als die Suche nach den Gemeinsamkeiten?) Aber der Glaube hat ganz andere Interessen: Den Geist Gottes – den Geist des auferstandenen und aktiven Jesus Christus – in allem zu erkennen. (Ich möchte nur auf die Gleichzeitigkeit hinweisen, die Kierkegaard zu durchdringen versucht hat. https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichzeitigkeit_(Philosophie) Sie geht jedoch nicht nur von uns Menschen aus mit Blick auf die Vergangenheit, sondern auch Gott ist ein aktiver Part dabei.)

 

Diskussionsfaden
3 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
2. Dezember 2017 um 11:43 Uhr

Bergpredigt – die praktizierende Liebe

Das ist eine sehr selektive Darstellung, denn in der Bergpredigt ist auch viel von Hölle und Verdammnis die Rede und zwar auch schon für Nichtigkeiten:
Mt 5, 22:

Wer mit seinem Bruder zürnet, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Racha! der ist des Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr! der ist des höllischen Feuers schuldig.

(Komisch übrigens, Jesus selbst beschimpft mehrfach andere als Narren (Mt 23, Lukas 11)

Außerdem gibt es eklatante Widersprüche in seinen Aussagen und das vom selben Autor! Matthäus wusste offenbar selber nicht, was er da schrieb:
Mt 5,16:

Also laßt euer Licht leuchten vor den Leuten, dass sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Und gleich zu Beginn des nächsten Kapitels:

Habt acht auf eure Almosen, daß ihr die nicht gebet vor den Leuten, dass ihr von ihnen gesehen werdet; ihr habt anders keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel.

Ja, was denn nun?

Somit ist nicht nur die Bibel, sondern schon die Bergpredigt für sich genommen ein Dokument der Beliebigkeit.

Problematisch und Indiz dafür, wie gering Jesu Menschenkenntnis war, ist auch folgender Vers (falls diese Passage überhaupt authentisch ist):
Mt 5, 27-28:

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: „Du sollst nicht ehebrechen.“ Ich aber sage euch: Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.

Weibliche Reize sind ein ganz natürliches Phänomen, ohne die die Menschheit (und Millionen von Arten davor) höchstwahrscheinlich gar nicht erst in Gang gekommen wäre. Heute leben ganze Industrien davon, dass Frauen sich für Männer schön machen (Mode-, Schmuck-, Kosmetikindustrie, Fitness-Studios, usw.). In Gesellschaften, wo das anders ist, werden Frauen in aller Regel unterdrückt und es kommt zu Gewaltexzessen und allen möglichen psychischen Fehlentwicklungen.

Man kommt nicht umhin, anzunehmen, dass Matthäus bestenfalls über Bruchtstücke und Wortfetzen aus dem Leben Jesu gehört hat und verzweifelt und wie man sieht – vergeblich – versucht hat, das Ganze in einen Zusammenhang zu bringen. Dass dabei auch eine Menge Fantasie eine Rolle gespielt hat, beweist nicht zuletzt die frei erfundene Weihnachtsgeschichte und viele andere Stellen, an denen Matthäus mehr oder weniger unverhohlen zugibt, dass die eine oder andere „Tatsache“, die er berichtet, ein reines Fantasieprodukt ist:
Mt 1, 22f.:

Das ist aber alles geschehen, auf daß erfüllt würde, was der HERR durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: 23 „Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Immanuel heißen“, das ist verdolmetscht: Gott mit uns.

Ich habe schon an anderer Stelle nachgewiesen, dass Jesaja 7,14 sich gar nicht auf Jesus beziehen kann, wenn man die Geschichte im Kontext liest:
Vers 16

Denn ehe der Knabe lernt Böses verwerfen und Gutes erwählen, wird das Land verödet sein, vor dessen zwei Königen dir graut.“

Matthäus muss auch einigermaßen verwirrt gewesen sein, als er die Weihnachtsgeschichte erfand, denn in Vers 23 sagt er:

Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Immanuel heißen“, das ist verdolmetscht: Gott mit uns.

Und dann folgt Vers 25:

Und er erkannte sie nicht, bis sie ihren ersten Sohn gebar; und hieß seinen Namen Jesus.

Widersprüchlicher geht es doch nicht!

Ein weiteres starkes Indiz dafür, dass die Wiehnachtsgeschichte frei erfunden ist, findet sich in Mt 2:

Die Flucht nach Ägypten
13 Da sie aber hinweggezogen waren, siehe, da erschien der Engel des HERRN dem Joseph im Traum und sprach: Stehe auf und nimm das Kindlein und seine Mutter zu dir und flieh nach Ägyptenland und bleib allda, bis ich dir sage; denn es ist vorhanden, daß Herodes das Kindlein suche, dasselbe umzubringen.
14 Und er stand auf und nahm das Kindlein und seine Mutter zu sich bei der Nacht und entwich nach Ägyptenland. 15 Und blieb allda bis nach dem Tod des Herodes, auf daß erfüllet würde, was der HERR durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: „Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“

Folgt die Mär vom Kindermord, für die es nicht den geringsten historischen Beleg gibt.

Lukas dagegen weiß nichts von einer Flucht nach Ägypten und lässt die Familie nach der Beschneidung nach Nazareth zurückkehren.

Hinzu kommt ein weiterer unauflösbarer Widerspruch zwischen den beiden genannten Evangelien:
Der von Matthäus erwähnte Herodes starb nachweislich im Jahre 4 vor, die erste Volkszählung fand aber erst 6 nach statt, ganz abgesehen davon, dass Volkszählungen jeweils vor Ort durchgeführt wurden und niemand in „seine“ Stadt zurückkehren musste.

Das alles ist nur dem Umstand geschuldet, dass sowohl Matthäus als auch Lukas einen plausiblen Grund finden mussten, warum Jesus in Bethlehem zur Welt kommen sollte, damit sie ihm das Mäntelchen des Messias umhängen konnten:
Micha 5,2:

Und du Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir kommen, der in Israel HERR sei, welches Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.

Ich denke, Sie datieren das Markusevangelium entschieden zu früh. Markus wusst wohl um die Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahre 70, wie aus Mk 13 ersichtlich ist:

1 Und da er aus dem Tempel ging, sprach zu ihm seiner Jünger einer: Meister, siehe, welche Steine und welch ein Bau ist das! 2 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Siehst du wohl allen diesen großen Bau? Nicht ein Stein wird auf dem anderen bleiben, der nicht zerbrochen werde.

Da es echte Prophetien naturgemäß nicht geben kann, sind diese Zeilen erst nach dem Faktum aufgeschrieben worden.

Es ließe sich noch viel zu Ihren Ausführungen anmerken, aber fürs erste will ich es gut sein lassen.

 

Wolfgang Fenske
2. Dezember 2017 um 13:11 Uhr

Au weia – um auf die Fülle einzugehen, benötige ich wieder ein etwas größeres Zeitfenster. Aber ich werde es tun.
Was die Geburtsgeschichten betrifft, darf ich erst einmal auf meine Seiten hinweisen?: http://evangelische-religion.de/geburtsgeschichte-mt.html und http://evangelische-religion.de/geburtsgeschichte-lk.html Und zum Thema Bergpredigt: http://evangelische-religion.de/bergpredigt.html
So manches – eigentlich alles, was Sie ansprechen – wird in der Forschung intensivst und aus verschiedenen Perspektiven heraus diskutiert. Das kann eine Antwort im Blog natürlich nicht leisten – darum weise ich für die Leserinnen und Leser meines Blogs, die sich intensiver damit befassen wollen, einfach auf die großen Kommentar-Reihen hin – zum Beispiel auf: Evangelisch-Katholischer Kommentar zum Neuen Testament.

 

Holger Gronwaldt
2. Dezember 2017 um 15:56 Uhr

Au weia – muss ich auch sagen. Die verlinkten Seiten sind zu großen Teilen wirklich starker Tobak und reizen nicht nur zum Widerspruch, sondern geradezu zur Widerlegung, weil etliches, das dort steht, mit den Tatsachen nicht in Einklang zu bringen ist.

Da es allerdings viele Stunden dauern würde, die vielen falschen Darstellungen und substanzlosen Behauptungen richtig zu stellen (man kann sprichwörtlich in einer Stunde mehr unsinnige Hypothesen aufstellen kann, als schlimmstenfalls eine ganze Gruppe von Wissenschaftlern in ihrem gesamten Leben widerlegen könnten. ) und ich an diesem Wochenende wegen anderer Verpflichtungen kaum Zeit dafür finde, werde ich nur einige wenige Dinge fürs erste herausgreifen:

Bethlehem: Vielfach wird aus historischer Sicht abgelehnt, dass Jesus in Bethlehem geboren wurde.

Diese historische „Sicht“ ergibt sich aus der Tatsache, dass es für Bethlehem als Geburtsort außer den beiden sich widersprechenden Erzählungen bei Mt und Lk keinerlei Hinweise gibt und dass historisch belegte Daten (Tod des Herodes 4 vor und erste Volkszählung 6 nach) das geschilderte Ereignis objektiv widerlegen.

Dass Jesus hier geboren wurde, wird als nachträgliche Perspektive christlichen Glaubens gesehen: David war Vorfahre Jesu – und so musste dann der Nachfahre Davids, also Jesus, auch hier geboren werden. Als König der Juden geziemt es sich so.

Eben! Und Mt konstruiert mit dreisten Behauptungen (Jesaja 7) einen Zusammenhang, der objektiv ebenfalls nicht gegeben ist. Die Juden erwarten von einem Messias ganz andere Dinge, als sie dann in Jesus zum Vorschein kommen, deshalb laufen auch alle Stellen, an denen angeblich Jesus bereits im AT angekündigt wird, in Leere.

Deutlich wird, dass Matthäus und Lukas unterschiedliche Traditionen verwenden – aber beide verbinden Jesu Geburt mit Bethlehem.

Siehe oben.

Beide sehen ihn in Nazareth aufwachsen. Wie Jesus nun mit beiden Orten in Verbindung zu bringen ist, das wird unterschiedlich begründet.

Eben!

Da beide unterschiedlichen Traditionen Bethlehem als Geburtsort benennen, muss diese Tradition schon älter sein als die beiden damit verbundenen erklärenden Geschichten.

Nicht notwenidgerweise. Mt kann es eben auch einfach erfunden haben, da er die „Weissagungen“ kannte und er eben Jesus als den verheißenen Messias darstellen wollte. „Leider“ spielen die Juden dabei bis heute nicht mit.

Darüber hinaus: Die Tradition, die Lukas aufgreift, ist sehr alt – so dass eben auch die Bethlehem-Tradition schon sehr alt sein muss.

Gibt es für das „sehr alt“ einen belastbaren Beleg?

Neues Thema: Gott als Herr der Geschichte:

Die gesamte Menschheitsgeschichte ist ein Tun des Willens Gottes bzw. ein Ankämpfen gegen den Willen Gottes.

Bisher sind über 90% der Menschheitsgeschichte völlig ohne den Gott der Christen abgelaufen und selbst heute spielt er im größten Teil der Welt kaum eine bis gar keine Rolle (China, Indien, Japan, usw.).

Zudem verträgt sich die landläufige Vorstellung vom Christengott („Lieber“ Gott) überhaupt nicht mit dem, was wir unter Geschichte verstehen. (Womit wir eigentlich schon wieder bei der für Christen unlösbare Frage der Theodizee wären.)

Wenn Ihr Gott der Geschichte seinen Willen aufdrückt, dann muss man sich fragen, warum er Auschwitz und andere Massengräuel nicht verhindert hat?
Dass Massenmörder „gegen den Willen Gottes ankämpfen“ wäre eine allzu billige „Erklärung“, denn das würde wiederum die Ihrem Gott zugesprochene Allmacht hinwegfegen und die Erklärung mit dem freien Willen passt auch wieder nicht, weil dann Millionen von unschuldigen Menschen gelitten hätten, OBWOHL Ihr Gott in die Geschichte eingreift. Da er ja angeblich die Gedanken und den Willen aller Menschen kennt, hätte er ja spätestens dann eingreifen können, wenn Menschen die Absicht entwickeln, andere Menschen zu quälen und zu töten. Der unbedingt Vorsatz müsste ja schon ausreichen und nicht erst die Vollendung der Tat.

Die Geschichte der Menschen begann im Grunde mit der Freiheit, die Gott dem Menschen gegeben hatte.

Während des weitaus größten Teils der Menschheitgeschichte waren unsere Vorfahren gezwungen, die notwendigen Voraussetzungen für das Überleben in den nächsten Tagen zu schaffen. Sehr, sehr viele sind dabei auf der Strecke geblieben.
<blockquoteDer Mensch missbrauchte seine Freiheit und wird unmenschlich, antigöttlich.
Kein Mensch kann so unmenschlich und „antigöttlich“ wie der Gott des AT sein, der 99,99999… % seiner Schöpfung in der Sintflut auslöscht, weil er sich verkalkuliert hat.

Und Gott selbst versucht immer wieder einzugreifen,…

Versucht? Wo ist denn seine Allmacht?
… indem er den Menschen zu sich zurückruft, zur Besinnung kommen lässt und auch eingreift, damit Menschen einander nicht mehr Leid zufügen.
Hier wären dann doch einmal konkrete Beispiele angebracht, die mehr sind als ein paar Anekdoten und es ergibt sich schon wieder die Frage, wo war denn Gott in Auschwitz und in Buchenwald, Hiroshima und, und, und???

Gott verhieß ihm und seinen [] Nachkommen eine große Geschichte.

Ja, z. B. wollte er sie so zahlreich machen, wie die Sterne am Himmel, was dann die Frage aufwirft, welche Zahl gemeint ist: die der mit bloßen Auge sichtbaren Sterne (irgendwo zwischen 3000 und 6000) oder die tatsächliche Zahl der Sterne (ca. 10^25)? Weder das eine noch das andere können auch nur annähernd zutreffen.

Und diese gab es dann auch. Immer wieder kamen Gott und Menschen zusammen.

Behauptet die Bibel!

Die Nachkommen Abrahams wurden versklavt – und Gott sandte nach langer Zeit einen, der sie befreite: Er berief den Mann Moses,

Auch hier gibt es wieder nicht die Spur eines Beleges, dass es Moses je gegeben hat. Weder die Geschichtsschreibung Ägyptens noch die Schilderungen der Bibel (angeblich 40 Jahre in der Wüste, aber es gibt nicht den leisesten archäologischen Befund, der das untermauert) stützen die These von Moses.

Gott hat das Volk befreit und gab dem Volk gleichzeitig dreierlei mit auf dem Weg: Gebote und die Erinnerung an das Geschichtshandeln Gottes – und Zukunft.

Auch die 10 Gebote sind notwendigerweise eine Legende, da sinnvolle Regeln des Zusammenlebens, wie die Gebote 5 – 8 absolute Grundlage jeder menschlichen Gesellschaft sind und damit viele, viele Tausend Jahre älter als die Story aus der Bibel. Auf Sinn, bzw. Unsinn der übrigen Gebote will ich an dieser Stelle nicht eingehen.

… dann hat er große menschliche Herrschaften herbeigepfiffen, damit sie sein Volk zur Raison bringen.

Dann hatten zumindest diese Herrscher keinen freien Willen, sondern waren willfährige Marionetten, die nach Jahwes Pfeife tanzten und wofür nach dem Willen Ihres Gottes dann wieder Tausende Soldaten und völlig unschuldige Frauen, Kinder und Greise sterben mussten. Glauben Sie das ernsthaft?

Gott ist also auch derjenige, der Menschen bewegen kann, seinen Willen zu tun, die von ihm nichts wissen oder von ihm nichts halten.

Wieder eine Aussage, die die Behauptung vom angeblich „freien“ Willen ad absurdum führt.

Hier haben wir die Schule der Deuteronomisten im Blick, die die Grundlage für diese Geschichtssicht gelegt haben.

Und wie ich wohl allzu deutlich gezeigt habe, ist eine solche Geschichtssicht in keiner Weise haltbar. Trotzdem wird sie täglich von Hunderttausenden von Kanzeln gepredigt. Ein Grund mehr, weshalb Religion immer mehr in Verruf gerät!

Ich muss aus Zeitgründen jetzt leider aufhören. Schade, denn ich komme gerade erst richtig in Fahrt!

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