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Atheismus und Christentum

Ausgangstext der Diskussion 24.12.2017: http://blog.wolfgangfenske.de/2017/12/24/gebrauchsanweisung/

Gebrauchsanweisung - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 24. Dezember 2017

Wie viele Worte macht eine Gebrauchsanweisung für eine Zeitschaltuhr?

Wir mögen eigentlich nur Geräte, die man ohne Gebrauchsanweisung sofort benutzen kann.

Wie viele Worte benötigt man, um dies und jenes im christlichen Glauben zu erklären?

Wir mögen einen christlichen Glauben, den man ohne viele Worte leben kann.

Das eine sind die Worte, die Argumente, die Schlussfolgerungen.

Das andere ist das Leben: Gott, lass dich in mir geboren werden!

Diese Bitte kann der Anfang eines spannenden Glaubenslebens sein,

in dem man Gottes Spuren und Gott selbst überall entdecken kann.

Ich wünsche Euch ein gesegnetes Christ-Fest.

 

Diskussionsfaden
9 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
25. Dezember 2017 um 19:58 Uhr

Wie viele Worte benötigt man, um dies und jenes im christlichen Glauben zu erklären?

Von weniger als 10 („Glaub an mich, sonst kommst du in die Hölle“) bis zu Umfängen, wo ganze Bibliotheken nicht ausreichen, den Glaubensinhalt plausibel zu machen (Trinität, Theodizee).

in dem man Gottes Spuren und Gott selbst überall entdecken kann.

Wo einige imaginäre Spuren zu sehen glauben, erkennen andere eine staunenswerte Realität ohne einen Gott. Unser Universum ist voller natürlicher Wunder, die Ilusion eines Gottes versperrt nur den klaren Blick auf diese. („Das hat mein Gott so gemacht, das brauchst du nicht weiter zu untersuchen.“)

 

Wolfgang Fenske
26. Dezember 2017 um 21:00 Uhr

Glaub an mich, sonst kommst du in die Hölle

– sarkastisch, kann man angesichts mancher Aussage im Laufe der Kirchengeschichte verstehen. Gibt aber nicht im entferntesten Sinn den christlichen Glauben wieder. Ebenso dürften die Aussage, dass das Denken: Das hat mein Gott so gemacht, dazu führt, dass man sagt: das brauchst du nicht weiter zu untersuchen. Das wird einmal den christlichen Wissenschaftlern nicht gerecht, zum anderen nicht der Frage: Warum wurde Wissenschaft gerade im christlichen Kulturkreis so bedeutsam?
In der Kürze liegt die Würze – leider sind Argumente wirklich ausführlicher. Auch ich liebe die Kürze und die Argumentation. Nur mit Sarkasmus halte ich mich zurück. Wird dem anderen nicht gerecht.

 

Holger Gronwaldt
27. Dezember 2017 um 9:51 Uhr

Warum wurde Wissenschaft gerade im christlichen Kulturkreis so bedeutsam?

Gegenfrage: Warum war die arabische Wissenschaft der „christlichen“ bis zur islamischen „Reform“ durch Al-Ghazali so haushoch überlegen?

Einfache Antworten sind auch hier unangebracht, aber man kann auch darauf hinweisen, dass Kepler sich damit begnügt, die Planetenbahnen so zu „erklären“, dass diese von Engeln auf ihren Bahnen gerollt würden und Newton nicht nur einen Großteil seiner schöpferischen Energie mit Alchemie und (christlicher) Esoterik verplemperte, sondern auch seine Himmelmechanik dadurch „abrundete“, dass er annahm, dass sein Gott von Zeit zu Zeit eingriff, um die Planentenbahnen, die sich durch gravitativen Einfluss gegenseitig stören, zu korrigieren. Er hätte alternativ aber auch den mathematischen Apparat entwicklen können, der es ermöglicht, nachzuweisen, dass die Bahnen auch ohne göttliches Eingreifen über Milliarden von Jahren stabil bleiben. So musste die Menschheit warten, bis ein anderer die Lücke füllte.

Man könnte auch herrlich darüber spekulieren, was wissenschaftlich auch schon im Mittelalter möglich gewesen wäre, wenn hochintelligente Menschen damals tatsächlich geforscht hätten, anstatt sich mit anderen darüber zu streiten, ob Adam und Eva einen Bauchnabel hatten oder wie viele Engel auf einer Nadelspitze Platz fänden.

Ein bezeichnender Fall liegt ja auch mit Kopernikus vor, der sich nicht getraut hat, sein bahnbrechendes Weltmodell zu Lebzeiten zu veröffentlichen, aus Furcht davor, als Ketzer auf dem Scheiterhaufen zu enden, weil seine Erklärung den Lehren der Kirche widersprach. Wie viele Leidensgenossen hatte er wohl, weit vorausschauende Menschen, die sich aber selbst Fesseln in ihrer Erkenntnisfähigkeit anlegten, weil ihre Einsichten sich im Gegensatz zu ihren religiösen Überzeugungen befanden?

Ich denke, eine detaillierte Untersuchung – so weit das noch möglich ist – würde eher ergeben, dass die christliche Religion den Fortschritt erheblich gehemmt hat, als dass, wie es manche gerne sehen würden, sie ihn erst mögich gemacht hätte.

 

Wolfgang Fenske
29. Dezember 2017 um 13:49 Uhr

Liegt das Ergebnis im Vorhinein fest?

Apropos Kepler – evangelischer Theologe… Wenn ich mich richtig erinnere waren die Kirchen gegen seine Sicht, weil sie einer anderen wissenschaftlichen Sicht der Zeit folgten, ausgehend von Aristoteles. Es war also nicht der christliche Glaube das Hindernis, sondern die damalige wissenschaftliche Diktion. Es ist alles immer ein wenig komplizierter.
Das ist ja wie mit dem Urknall. Am Anfang war man als Wissenschaftler dagegen, weil es sehr nach Schöpfungsmythos roch. Dann hat man es übernommen. Wieweit die Forschung wieder neue Wege gehen wird, wird sich zeigen.

 

Holger Gronwaldt
29. Dezember 2017 um 15:41 Uhr

Wenn ich mich richtig erinnere waren die Kirchen gegen seine Sicht, weil sie einer anderen wissenschaftlichen Sicht der Zeit folgten, ausgehend von Aristoteles

Ohne das jetzt im Detail diskutieren zu wollen (Aristoteles galt neben der Bibel im Mittelalter als unangreifbare Autorität), lag des Hauptproblem der Akzeptanz des heliozentrischen Weltbilds wohl darin, dass die Erde und damit der Mensch aus dem Zentrum des Universums gerückt wurde. Die Kirche sah dadurch die Ebenbildlichkeit des Menschen mit ihrem Gott gefährdet, wenn sich nicht mehr im wahrsten Sinne des Wortes „alles um ihn drehen“ sollte. Dieses war die erste „große Beleidigung der Menschheit“ (2 und 3 folgten dann mit Darwin und Freud), die man nicht ungestraft hinnehmen wollte.

Es war also nicht der christliche Glaube das Hindernis, sondern die damalige wissenschaftliche Diktion.

Kann man so nicht folgern, denn Wissenschaft hatte damals nur dienende Funktion und war nur insofern akzeptabel, als sie den Glauben stärkte, nicht Zweifel an seiner „Wahrheit“ weckte.
Zudem biss sich die Vorstellung von der Sonne als Mittelpunkt mit dem Weltbild der Bibel.

Das ist ja wie mit dem Urknall. Am Anfang war man als Wissenschaftler dagegen, weil es sehr nach Schöpfungsmythos roch.

Wohl sehr verkürzt ausgedrückt. Im 19. und frühen 20. Jhdt. sah die Astronomie das Universum als statisch und ewig an, da man bis dato erkannt hatte, dass Entwicklungen der Sterne (und auch des Lebens) Jahrmilliarden in Anspruch nahmen. Man hatte also durchaus Grund, ein Universum anzunehmen, das schon immer da war, denn mit dem Unsinn, dass die Erde und anschließend Sonne, Mond und Sterne erst vor wenigen Tausend Jahren (Kreationisten reden von 6.000 bis maximal 10.000 Jahren!) „geschaffen“ worden waren, hatte man schon zu Beginn des 19. Jhdts. aufgeräumt.
Erst Edwin Hubble konnte durch seine Beobachtungen (Rotverschiebung, usw.) die Vorstellung vom statischen Universum erschüttern.
Allerdings neigen Wissenschaftler wie andere Menschen auch dazu, alte Vorstellungen erst dann zugunsten neuer, ganz anderer Vorstellungen aufzugeben, wenn es zwingende Indizien dafür gibt. Hubbles Entdeckungen waren so ein Fall.
Ich halte es für ein kaum zu belegendes Gerücht, wenn behauptet wird, dass Wissenschaftler eine Erkenntnis nur deshalb ablehnen, weil es nicht zu ihrem angeblich atheistischen Weltbild passt.
Wissenschaftler, die diesen Namen verdienen, „übernehmen“ auch keine neuen Ideen, sondern sie akzeptieren sie erst nach gründlicher Prüfung und lassen sich dann von den Fakten überzeugen.

Wieweit die Forschung wieder neue Wege gehen wird, wird sich zeigen.

Ich fürchte, Wissenschaft ist nicht so Ihr Ding.
Wissenschaft geht grundsätzlich immer dann neue Wege, wenn eine alte Vorstellung sich als nicht mehr haltbar erweist. Schon ein Einstein hat einmal gesagt, dass der wesentliche Unterschied zwischen einem Wisenschaftler und einer Amöbe darin bestehe, dass die Amöbe sich nicht gerne irrt. Für die Wissenschaft bedeutet es nämlich stets einen Fortschritt, wenn sie einen Irrtum als solchen erkennt, für die Amöbe ist es dagegen nur ein unangenehmes „Erlebnis“ (allerdings haben Amöben kein Bewusstsein, das „erleben“ ermöglichen würde), wenn sich eine vermeintliche Nahrungsquelle als ungenießbar erweist.
Heute mal „Hüh!“ und morgen dann wieder „Hott!“ ist mit Sicherheit nichts, was den Kern von Wissenschaft ausmacht.

 

Holger Gronwaldt
29. Dezember 2017 um 15:52 Uhr

Apropos Kepler

Erratum?

Ich habe Ihren Post so behandelt, als hätten Sie statt „Kepler“ „Kopernikus“ gemeint und so ist es wohl auch, denn auf Kepler bezogen ergeben Ihre Ausführungen keinen Sinn, weil Kepler erst Jahrzehnte nach Kopernikus auf den Plan trat und von ernthaften Schwierigkeiten zwischen ihm und der Kirche zumindest mir nichts bekannt ist.

 

Wolfgang Fenske
30. Dezember 2017 um 10:41 Uhr

Dass Forschung neue Wege gehen wir – ist klar. Was ich meinte ist: Sie fährt sich auch manchmal fest und dann dauert es, bis sich die alten „Strukturen“ aufgelöst haben. Was Sie mit Hüh und Hott meinten. Man bleibt länger beim Hüh – und dann setzt sich langsam das Hott durch. Wobei ich im Augenblick auch ein anderes Phänomen sehe – aber wahrscheinlich (hoffentlich) nur auf der populärwissenschaftlichen Ebene: Es kommen ganz schnell die Hotts – und irgendwann sagt man dann: Oh, war doch nicht Hott, sondern Hüh. Man ist auf Neues fixiert. Entspricht das auch Ihrer Beobachtung – oder ist das eben wie gesagt – nur auf populärwissenschaftlicher Ebene der Fall?

 

Holger Gronwaldt
29. Dezember 2017 um 14:53 Uhr

Gibt aber nicht im entferntesten Sinn den christlichen Glauben wieder.

Ich fürchte, angesichts der vielen Tausend christlicher Sekten, kann niemand überhaupt widergeben, was denn den christlichen Glauben ausmachen soll. Die vielen Widersprüche in der Bibel tun ja ihr Übriges dazu, so dass sich jeder halt das herauspicken kann, was ihm persönlich am besten in den Kram passt.

Das wird einmal den christlichen Wissenschaftlern nicht gerecht

„Christliche“ Wissenschaftler kann es per definitionem nicht geben, da Wissenschaft nach Methoden arbeitet, die fein säuberlich von jeglicher Religion getrennt sind.

Was für ein Unsinn herauskommt, wenn man Religion mit Wissenschaft verquickt, zeigt sich am Deutlichsten bei der Sekte der Christian Science, wie sie besonders in den USA floriert, fahrlässige Tötung inbegriffen.

Warum wurde Wissenschaft gerade im christlichen Kulturkreis so bedeutsam?

Sicher nicht in zwei Sätzen zu beantworten, aber eine Antwort wäre, dass mit Al-Ghazali die Konkurrenz der arabischen Wissenschaft weggebrochen ist.
Warum haben die Chinesen lange vor den Europäern den Buchdruck, das Schießpulver für friedliche Zwecke, die Papier- und Porzellanherstellung, usw. erfunden? Auch das hatte wohl nichts mit deren Religion zu tun.

Belegt ist, dass Kirche Wissenschaft behindert hat, nämlich immer dann, wenn die Erkenntnisse der Wissenschaftler Glaubens-„Wahrheiten“ einer Kritik unterzogen. Nicht wenige von ihnen endeten auf dem Scheiterhaufen, bzw. wurden mundtot gemacht (Giordano Bruno bzw. Kopernikus und Galileo Galilei).
Die Frage könnte also auch lauten: „Warum erzielte die Wissenschaft in Europa TROTZ des religiösen Widerstands Erfolge?

Nur mit Sarkasmus halte ich mich zurück.

Ich kann nicht nachvollziehen, was Sie an meiner Formulierung „Glaub an mich, sonst kommst du in die Hölle“ sarkastisch finden?
Heißt es doch auch im NT: „Wer da glaubet und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden.“ (Mk 16,16)
Ich habe es nur ein ganz klein wenig deutlicher formuliert.
Dieser Vers aus dem NT und das 1. Gebot des ATsind es ja denn auch, die das Christentum letzten Endes in den Widerspruch zu unserer Verfassung, Demokratie und Menschenrechten stellen, denn Religionsfreiheit und auch Freiheit von Religion ist eines der wesentlichen Menschenrechte und Grundlage jedes demokratisch verfassten Staates.

 

Wolfgang Fenske
30. Dezember 2017 um 10:48 Uhr

Manches davon wird in meiner Darlegung zur BP angesprochen. Das mit den Chinesen: Ja, Chinesen haben dies und jenes erfunden – ist auch klasse! Aber manches hat sich in China nicht durchgesetzt. Wenn ich Mangalwadi richtig verstanden habe, lag es an der sozialen Lage, an der Gesellschaftsstruktur. Und in Europa war sie religiös – von daher konnte es sich durchsetzen. Anders gesagt: In Ländern, in denen es Sklaven gab, waren Sklaven billiger als die technische Innovation. Von daher ließ man sie links liegen. In Europa gab es keine Sklaven (man kann natürlich über Leibeigenschaft usw. diskutieren) – von daher sah man sich genötigt, technische Innovationen aufzugreifen, um sich das Leben zu erleichtern. Kurz gesagt: Wer Sklaven hat, benötigt keine Waschmaschine. Unsere Waschmaschine ist heute unsere Sklavin. (Wer sie zusammengebaut hat – auch das ist jetzt nicht das Thema.) In manchen Klöstern, in denen man selbst die Arbeit machen musste, war man dankbar für solche Erfindungen…

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