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Atheismus und Christentum

Es gibt keinen Ausgangstext. Ich hatte am 27.12.2017 ein Clip von youtube, in dem das Lied gesungen wurde: Es ist ein Ros entsprungen... http://blog.wolfgangfenske.de/2017/12/27/es-ist-ein-ros-entsprungen/

Daran schloss sich folgende Diskussion an:

Es ist ein Ros entsprungen - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 27. Dezember 2017

 

Kein Text
 

Diskussionsfaden
8 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
27. Dezember 2017 um 10:20 Uhr

Ist es nicht an der Zeit, den Text kritisch zu hinterfragen und darauf hinzuweisen, dass Jesaja mitnichten Jesus prophzeit hat?

Statt einzelne Verse aus dem Zusammenhang zu reißen, sollte man besser das Kapitel ganz lesen, dann wird auch klar, dass weder bei Jesaja 11,1 und erst recht nicht bei Jesaja 7,14 Jesus gemeint sein kann. Vers 16 belegt das nämlich und eine weitere Bestätigung findet man in Jesaja 8, 3-4.

Wäre hier nicht ein wenig mehr Ehrlichkeit angebracht?

 

Wolfgang Fenske
27. Dezember 2017 um 17:57 Uhr

Ich bin kein Prophet – ich weiß also nicht, was ein Prophet sieht, weiß, empfindet, wie er die Worte Gottes umsetzt. Aus historisch-kritischer Perspektive kann es Propheten im Glaubenssinn nicht geben, weil kein Mensch in die Zukunft blicken kann. Vielleicht kurzfristig. Wenn man die politische Situation wach beobachtet, ahnt man, wohin das führen kann. Aber: Die historisch-kritische Exegese ist nur eine Perspektive.
Die andere ist die des Glaubens. Das bedeutet, dass Gott unsere Geschichte der Menschheit begleitet und auch in sie eingreift. Und sei es durch Texte, die dann später als Prophezeiung angesehen werden. Die Diskussion ist die: Wenn ein Prophet sagt: So spricht Gott – hat er das alles wortwörtlich vernommen? Hat er ein Bild gesehen (Vision) und es entsprechend in Worte gefasst? Hat er einen Satz „gehört“ (Audition) und diesen dann ausgebreitet, damit die Menschen etwas damit anfangen können? Wie dem auch sei: Jesaja hat eine Sehnsucht ausgesprochen – und den Anfang der Erfüllung dieser Sehnsucht haben Menschen, die Jesus kennen gelernt haben, in seinen Worten erkannt – weil eben der Gott, der Jesaja geleitet hat, auch durch alle Geschichte hindurch die Menschen geleitet. Der Geist Gottes, der in Jesaja wirksam war, ist auch in den Jesus-Interpreten wirksam. Und er ist in den Lesern/Hörern wirksam. Alles, was mit dem Glauben zu tun hat, ist nicht so einfach gestrickt.

Genauso die Kritik, die ich gelesen habe – am Kind in der Krippe. Relevant wurde der erwachsene Jesus, der auferstandene Jesus Christus. Die Erkenntnis, dass Gott und Jesus Christus in einer untrennbaren Einheit bestehen. Dann die Erkenntnis: Das muss schon in der Menschwerdung so gewesen sein. Und dieses Staunen über den Menschen Jesus fand dann in den Geschichten Wort. Wie ich schon geschrieben habe: Und die Geschichten, die wortgewordener Glaube sind, wirkten auf Menschen in kolossaler Weise. Wer fragt dann nach historisch-kritischer Exegese. Sie sind wahr – eben auf der Ebene des Glaubens.
Im Glauben gibt es nicht nur die Ebene, die man mit den Sinnen wahrnimmt. Es gibt auch die transzendente Ebene, die immer wieder in die Immanenz eingreift. Und sei es eben durch solche Geschichten – von denen sich zeigen wird, was daran eben historisch-kritisch eruiert werden kann. Wissenschaft ist ja auch im Fluss. Auch aus der Perspektive des Glaubens.

Noch eine andere Perspektive – und darum kann ich sie auch als Mensch aus der heutigen Zeit aufnehmen. Menschen haben Sehnsucht nach einer Welt des Schalom. An die Geschichte von dem Kind in der Krippe kann diese Sehnsucht anknüpfen – und man stellt sich neben die Menschen der Jahrtausende, die aus Sehnsucht nach dem Schalom an der Krippe gestanden hat – und dann, wenn man da gestanden hat, geht man bereichert wieder in den Alltag – wie die Hirten, weil man selbst ein solcher „Hirte“ geworden ist. Man ist selbst Zeuge davon geworden, dass der Schalom in die Welt gekommen ist – ich habe es ja auch gespürt, gehört. Diese Erfahrung bereichert ungemein – und wenn dann noch der erwachsene Jesus dazu kommt, der bestimmte Verhaltensweisen forderte, die Gemeinschaft fördern (was ich noch darlegen werde) kann das zu einer besseren Welt führen.

 

Holger Gronwaldt
27. Dezember 2017 um 19:49 Uhr

Die andere ist die des Glaubens. Das bedeutet, dass Gott unsere Geschichte der Menschheit begleitet und auch in sie eingreift.

Wenn man das glaubt und sich die Geschichte ansieht, dann lässt das aufschlussreiche Rückschlüsse auf den Charakter dieses Gottes zu. Von väterlich liebenden Gott muss sich dann allerdings verabschieden.

Hat er ein Bild gesehen (Vision) und es entsprechend in Worte gefasst?

Kanzler Helmut Schmid hat mal gesagt: „Wer Visionen hat, der sollte zum Arzt gehen.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Geist Gottes, der in Jesaja wirksam war, ist auch in den Jesus-Interpreten wirksam.

Wenn man sich die betreffenden Textstellen, die ich ja angegben habe, aufmerksam durchliest, kann man diese Behauptung mit Sicherheit ausschließen.

Und die Geschichten, die wortgewordener Glaube sind, wirkten auf Menschen in kolossaler Weise. Wer fragt dann nach historisch-kritischer Exegese. Sie sind wahr – eben auf der Ebene des Glaubens.

Sie sind ja schon fast bei Orwells 1984. Wahrheit ist Lüge, Lüge ist Wahrheit. Oder mit anderen Worten: es ist völlig egal, was da steht, ich drehe es mir schon zurecht. Ich habe schon immer geahnt, dass glauben so funktioniert.

Wissenschaft ist ja auch im Fluss. Auch aus der Perspektive des Glaubens.

Das kann man so nicht vergleichen, weil Wissenschaft eine stetige Annäherung an die Wahrheit bedeutet, während Religion je nach Windrichtung ihr Mäntelchen umhängt.

An die Geschichte von dem Kind in der Krippe kann diese Sehnsucht anknüpfen

Wie viel „Schalom“ durch dieses Kind in die Welt gekommen ist, zeigt das Verhalten der Christen – einmal an die Macht gekommen – doch überdeutlich: durch die Geschichte des Christentums zeigt sich eine überaus breite Blutspur. Wo da die bessere Welt herkommen soll, kann ich nicht nachvollziehen.

Der Islam behauptet ja auch, eine Religion des Friedens zu sein. Das akzeptiere ich natürlich genau so wenig wie Sie.

 

Wolfgang Fenske
28. Dezember 2017 um 15:10 Uhr

Schmidt – ich bewundere ihn – aber er war sicher kein Fachmann für Visionen. Aber dieses Bonmot taucht immer wieder auf. Würde gerne wissen, was er jetzt darüber denkt. Ich meine das im Sinne von Barth und Tillich. Als Tillich gestorben war, sagte Barth: Jetzt weiß ers besser. Also: ich meine es humorvoll.
Auch Orwell bewundere ich – vor allem die Schweine. Alle sind gleich, wir sind gleicher… Dass ich eine andere Intention verfolge als Wahrheit ist Lüge – Lüge ist Wahrheit – und dass man es begründet differenzierter sehen kann/muss – das ist ja ständig Thema unserer Diskussion. Denn von Gott zu reden ist in dieser Diktion Lüge – da man ihn nicht beweisen kann. Aber so einfach ist es nun einmal nicht. Sonst würden seit Jahrhunderten nicht immer wieder diese Fragen diskutiert.
Auch Glauben ist annäherung…
Dass die Kirchengeschichte eine breite Blutspur hinterließ, war auch schon Thema – wird auch aufgearbeitet. Was diese Blutspur mit Jesus zu tun hat – müsste auch vertieft dargelegt werden. Und auch die Kirchengeschichte darf nicht selektiv gelesen werden. War auch schon Thema.
Genauer möchte ich mich jetzt nicht äußern, auch zu anderen Kommentaren nicht, bis ich das Thema Bergpredigt beendet habe. Von daher bitte ich um Geduld – auch was das Freischalten von Kommentaren betrifft.

 

Holger Gronwaldt
29. Dezember 2017 um 13:23 Uhr

Denn von Gott zu reden ist in dieser Diktion Lüge – da man ihn nicht beweisen kann.

„Gott“ als Abstractum kann nicht nicht beweisen, aber eine konkrete Gottesvorstellung kann man widerlegen und wenn jemand trotzdem an ihr festhält, muss er sich die Wahrhaftigkeitsfrage gefallen lassen.

Angesichts der für die Theologie unlösbaren Theodizee-Frage ist die Vorstellung vom gütigen Gott, der in den Ablauf des Universums bis hinunter zum Leben einzelner Menschen eingreift, so gut wie widerlegt. Ich kenne jedenfalls kein überzeugendes Argument, dass die Theologie aus diesem Dilemma befreien könnte.

 

Wolfgang Fenske
30. Dezember 2017 um 11:09 Uhr

Es kommt nicht darauf an, was ich ganz allgemein und „global“ als Lösung des Problems ansehe, es kommt darauf an, was der jeweilige Mensch in seiner Notsituation als Lösung des Problems in dem Augenblick ansieht. Und diese jeweilige Lösung kann ihm im Leben helfen. Und sei es der Aspekt der Strafe: Ich leide, weil ich zu viel rauche. Ich werde bestraft – also lasse ich es. Religiös gesagt: Gott will mich darauf hinweisen, dass ich zu viel rauche. Also lasse ich es. Dass Leiden Strafe ist, das wird schon (weitgehend) im NT zurückgewiesen bzw. modifiziert. Aber dennoch kann das für manche Menschen hilfreich sein, ihr Leiden zu verstehen – auch wenn ich das nicht als Lösung ansehen würde. Ich versuche allgemeine Antworten – und das von Individuen zusammenzudenken bzw. auseinanderzuhalten. Das mag sich widersprechen, aber es sind zwei unterschiedliche Schritte. Vor allem versuche ich von mir zu abstrahieren – bis ich selbst Leidenserfahrungen mache und dann entsprechend die eine oder andere Antwort für mich akzeptieren kann – oder ganz neue finde.

 

Holger Gronwaldt
28. Dezember 2017 um 11:50 Uhr

Aus historisch-kritischer Perspektive kann es Propheten im Glaubenssinn nicht geben, weil kein Mensch in die Zukunft blicken kann.

Dieser Einschränkung bedarf es nicht, denn ein Blick in die Zukunft ist – abgesehen von naturgesetzlich eintretender Ereignisse wie Sonnen- und Mondfinsternisse – prinzipiell unmöglich. Es sei denn, man geht davon aus, dass die Zukunft bereits unabänderlich feststeht: freier Wille ade!

Um das zu illustrieren, ein paar Beispiele.
Wie jeder Mensch mit ein bisschen Lebenserfahrung aus eigener Anschauung weiß, wird unser Leben mitunter von winzigen Zufällen gesteuert:
Jemand verpasst den Zug, weil er auf dem Weg zum Bahnhof eine Reifenpanne hat. Er oder sie nimmt also einen Zug später und trifft im Abteil auf die Liebe seines Lebens. Aus der Verbindung geht ein Kind hervor, dass später einmal ein einflussreicher Politiker wird, vielleicht sogar Präsident der USA. Somit führt die Reifenpanne zu weit reichenden Folgen für die gesamte Menschheit.
Wenn man nun die Ursache der Reifenpanne zurückverfolgt, kommt man zu Zigtausenden von vorausgegangenen Umständen, die alle genau so hatten eintreten müssen, damit dieses Ereignis stattfinden konnte.
Schließlich landet man beim Beginn des Universums und wenn dort auch nur ein paar Photonen einen anderen Weg genommen hätten, wäre der gesamte Folgeablauf ein völlig anderer geworden. Sollte so detwas vorhersehbar sein?
Und wenn ich jetzt bei mir das Telefon klingelt, sich aber herausstellt, dass der Anrufer sich nur verwählt hat, weil … , dann kann auch das wieder ungeahnte Nachfolgewirkungen haben. Vielleicht wollte ich ja gerade einen Lottoschein ausfüllen (ich spiele im richtigen Leben aber kein Lotto!) und da mir noch eine Zahl fehlt, nehme ich die Endziffern aus der Telefonnummer des Anrufers. Ergebnis: 6 Richtige mit Superzahl oder auch nicht, weil ich ohne den Anruf die richtige Gewinnzahl eingesetzt hätte. Auch so ein Ereignis hätte einen entscheidenden Einfluss auf mein Leben. Im Gewinnfall hätten die Ärzte ohne Grenzen eine 6 – 7-stellige Spende von mir bekommen, was wiederum das Leben von ein paar Hundert bis Tausend Menschen nachhaltig beeinflusst hätte, usw.
Oder nehmen wir an, bei einem politischen Führer einer Atommacht würde eine unheilbare Krankheit diagnostiziert, die innerhalb von drei Monaten zum Tode führt. Dieser Führer sieht nun keinen Sinn mehr in einer Welt, die ohne ihn auskommen müsste und beschließt, mit seinem eigenen Ende auch das Ende der Menschheit einzuleiten. Zugegeben, das klingt unwahrscheinlich, aber unmöglich ist es nicht und undenkbar erst recht nicht.
Q.E.D.

Wenn also jemand ernsthaft behauptet, es wäre möglich, die Zukunft vorherzusagen, dann muss er gleichzeitig zugeben, dass es diese eine Zukunft bereits gibt und kein Mensch und auch kein Gott in der Lage wäre, diese noch zu ändern.

Das gilt natürlich auch für die biblischen Prophetien und die Propheten. Wenn ihr Gott einen Plan mit der Welt hat, wie viele Christen behaupten, dann hat dieser Gott sich selbst auch seine Allmacht und seinen freien Willen genommen. Denn dann würde notwendigerweise die Zukunft bereits jetzt existieren und wäre nicht mehr zu ändern.

 

Wolfgang Fenske
28. Dezember 2017 um 14:49 Uhr

Man kann für die Zukunft planen – und es dann auch entsprechend der aktuellen Situation umsetzen.

Aber mein Problem insgesamt ist: Ich möchte das mit der Bergpredigt endlich einmal einlösen, weil diese immer auch im Blick unserer Diskussion stand. Ich kann das aber zeitlich nicht, wenn ich auf alle Kommentare eingehen würde. Von daher konzentriere ich mich jetzt erst einmal auf dieses Vorhaben. Stück für Stück wird die BP dargelegt werden. Aber Kommentare werde ich im Augenblick kaum kommentieren.

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