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Atheismus und Christentum

Ausgangstext 12.08.2018: https://blog.wolfgangfenske.de/2018/08/12/anmerkungen-zur-geschichte-4/

Anmerkungen zur Geschichte 4 - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 12. August 2018

Geschichte aus der Perspektive christlichen Glaubens

  1. Vor allem ist Geschichte eine Beschäftigung mit dem, was vergangen ist, tot – und wir gehen in der säkular Geschichte nach vorne – also ebenso in den Tod. Aber in diese Geschichte des Todes ist schon Gottes Leben hinein gekommen: in Jesus Christus. Und seitdem geht Geschichte nicht mehr auf den Tod zu, sondern die Menschen haben die Chance, auf Leben zuzugehen. In der Todesgeschichte begegnet ihnen der lebendige Gott. Geschichte wird so eine, die Chance zum Leben ermöglicht. Christlicher Glaube beschäftigt sich in erster Linie mit dem Leben in der Nachfolge des lebendigen Jesus Christus in der Geschichte. Und so versuchen Christen (wenn alles gut geht) die Menschen, die auf den Tod zugehen, zum Leben zu rufen, das in der Geschichte beginnt und über sie hinausgeht, in Gott mündet. Das Wort des Lebens – es wird heute hoffentlich in zahlreichen Predigten ausgesprochen. Oder lassen sich viele Christen von der Geschichte des Todes fesseln? Erst Gottes Existenz in der Geschichte qualifiziert diese als eine, die wahre Zukunft hat – allerdings über die Geschichte hinausgehend.
  2. Die Gegenwart basiert auf der Vergangenheit, auf das, was in der Geschichte geschehen ist. Allerdings basiert die jeweilige Gegenwart nur bedingt auf die Vergangenheit, weil sie nur einzelne Stränge aufgreift, verschiedene Stränge miteinander verbindet – somit auf Gedanken kommen kann, auf die Menschen der Vergangenheit noch gar nicht gekommen sind.
  3. Geschichtsforscher versuchen das, was zum Tod verurteilt ist, dem vergessen, dem Sterben zu entreißen. Aber sie entreißen es aus der Perspektive der Gegenwart – und dadurch kann das, was war, nur bedingt noch selbst zu Wort kommen, was auch damit zusammenhängt, dass man viele Einzelheiten gar nicht weiß, sondern erst phantasievoll – und möglichst begründend – kombinieren muss. Geschichte ist gedachte Geschichte, konstruierte Geschichte. Die zufälligen Ereignisse werden in einen kausalen Zusammenhang gebracht. Die Konstruktionen werden immer vielfältiger, begründeter, vernetzter. Die Perspektive der Gegenwart ist manchmal dominant, so bei ideologischer Geschichtsdarlegung, die einseitig bestimmte Aspekte ausschaltet, andere hervorhebt. So ist zum Beispiel bei manchen heute beliebt, die Rolle des christlichen Glaubens für unsere Gegenwart möglichst zurückzudrängen.
  4. Das, was die Menschen der Vergangenheit gesagt und geschrieben haben, kann weiterhelfen, weil man dann das Rad nicht immer wieder neu erfinden muss – das heißt im Rahmen der Geschichte: Man sieht, was falsch gelaufen ist (aus der jeweiligen Interpretationsperspektive der jeweiligen Gegenwart), man lernt, wie Menschen der Vergangenheit Probleme angepackt haben usw. Von daher ist Geschichtswissenschaft auch in die Gegenwart bzw. Zukunft gerichtet, das in sich zufällige und ziellose Geschehen wird sinnhaft. Vor allem ideologische Interpreten können sich aber einfach über die Vorlebenden und Vordenkenden hinwegsetzen, arrogant, meinen, es wäre auch alles ohne sie gekommen und außerdem haben diese alles schlecht gemacht. Ihre Weltbilder waren katastrophal, gemessen an unseren usw. Diese Arroganz gegenüber Menschen der Vergangenheit liegt uns nahe – ist aber unprofessionell und dumm, weil sie verhindert, Gefahren zu erkennen.
  5. Geschichte ragt auch über die Tradition in die Gegenwart und Zukunft. Diese ist zum Teil nicht reflektiert, sie wird übernommen. Wir leben in einer Zeit, in der man alles, was man wahrnimmt, einem Diskurs unterwerfen mag: Wollen wir das weiter übernehmen, wollen wir Neues machen usw. Diese Diskurse sind zwar nicht autonom, aber eben Versuche, sich von der Vergangenheit abzukoppeln, vor allem auch von der religiösen Vergangenheit. Der Mensch möchte sich emanzipieren – Geschichte als Emanzipationsvorgang und als Selbsterhebung bzw. Selbstvergewisserung. Vergewisserung der eigenständigen, von den Vorfahren abgekoppelte Identität.
  6. Das heißt: Geschichte will das Todverfallene, das, was vergessen wird, dem Vergessen entreißen, will es auf der populären Ebene mit Blick auf die Zukunft wirksam werden lassen – und dadurch dem Leben im säkularen Sinn dienen. Allerdings eben aus christlicher Perspektive ein säkulares Leben, das nicht mehr das vergangene Individuum zum Leben erwecken kann, und somit mit dem ewigen Leben bei Gott, der die Individualität des Menschen aufrecht erhält, nicht vergleichbar ist (Paulus: Unsere Heimat/Zukunft – außerhalb der menschlichen Geschichte – ist im Himmel/bei Gott). Freilich ist säkulare Zukunft immer auch geprägt von Vergänglichkeit – auch mit Blick auf das Vergehen der Erde.
  7. Geschichte will der Gegenwart und der Zukunft in gewisser Weise Sinn vermitteln, weil sie den Menschen in einen gedanklich nachvollziehbaren Zusammenhang stellt. (Was Tradition macht – eben nur rational nachvollziehbar.) Gott, der dem Glaubenden durch sein Wort in der Geschichte begegnet, gibt dem Menschen einen anderen Sinn – eben nicht geschichtlich bedingten oder traditionsbedingten Sinn, sondern einen Sinn, der mit Gott zu tun hat, der dann Nachfolge bedeutet, also Geschichtswirksamkeit des Glaubens.
  8. Die Geschichtswirksamkeit des Glaubens ist nicht zu leugnen – allerdings des Glaubens dessen, der auch als Glaubender frei ist und entsprechend von Gott losgelöste Wege gehen kann. Wenn es gut geht, geht er in seiner Zeit die Wege Gottes, prägt sie im Sinn Gottes. Wenn es nicht gut geht, missbraucht er Gottes Namen, lässt Gott „verschwinden“. (Das wird im AT und NT schon so gesehen.) Auch Glaubende sind Kinder ihrer Zeit und wirken als solche. Positiv innovativ wirken sie über ihre Zeit hinaus, wenn sie dem Willen Gottes angemessen folgen.

Fortsetzung folgt.

 

Diskussionsfaden
11 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
13. August 2018 um 23:48 Uhr

Aber in diese Geschichte des Todes ist schon Gottes Leben hinein gekommen: in Jesus Christus. Und seitdem geht Geschichte nicht mehr auf den Tod zu, sondern die Menschen haben die Chance, auf Leben zuzugehen.

Kommt ein wenig sehr spät, da unsere Spezies seit mindestens 200.000 Jahren existiert und ihre unmittelbaren Vorfahren nicht viel anderes gewesen sein dürften, was kognitive Fähigkeiten betrifft. Die Menschheit ist also 99% ihrer Existenz ohne Ihren Gott ausgekommen und selbst wenn man konzidiert, dass es heute zahlenmäßig mehr Christen gibt als in der Vergangenheit, sind nach Ihrer Einschätzung immer noch deutlich über 90% aller Menschen, die je gelebt haben, „auf den Tod zugegangen“, denn sie KONNTEN von Ihrem Jesus überhaupt nichts wissen.

Und so versuchen Christen (wenn alles gut geht) die Menschen, die auf den Tod zugehen, zum Leben zu rufen,

Kläglicher Versuch, denn auch in den nächsten Jahrhunderten – falls das Christentum überhaupt so lange noch überlebt – werden sie immer nur eine Minderheit der Menschen erreichen, denn schließlich missionieren andere Religionen auch eifrig und zum Teil erfolgreich.
Bleibt trotzdem immer noch die Frage, ob ein Christ katholisch sein muss, um selig zu werden oder reicht es, von einer der vielen Tausend anderen christlichen Sekten gehirngewaschen zu werden?

weil sie nur einzelne Stränge aufgreift, verschiedene Stränge miteinander verbindet – somit auf Gedanken kommen kann, auf die Menschen der Vergangenheit noch gar nicht gekommen sind

Eben! Heute gibt es zur Religion die Alternative zu erkennen, dass der Glaube an Götter nicht nur ziemlich überflüssig, sondern direkt schädlich ist. Vor Darwin und anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen war es nämlich nicht einfach, solche Gedanken zu entwickeln.
Die meisten Menschen konnten sich eine Welt ohne ihren Gott (der, den sie durch entsprechende Gehirnwäsche gedanklich oktroyiert bekamen) gar nicht vorstellen.

So ist zum Beispiel bei manchen heute beliebt, die Rolle des christlichen Glaubens für unsere Gegenwart möglichst zurückzudrängen.

Steile These, aber die heutige Geschichtsdarstellung verkennt keineswegs den unheilvollen Einfluss des Christentums auf den Ablauf der Geschichte seit der Zeitenwende.
Was mitunter (noch) verkannt wird, ist der positive Einfluss des frühen Islams auf die Entwicklung der modernen Wissenschaft.

Vor allem ideologische Interpreten können sich aber einfach über die Vorlebenden und Vordenkenden hinwegsetzen, arrogant, meinen, es wäre auch alles ohne sie gekommen und außerdem haben diese alles schlecht gemacht.

Gedankenexperiment: Würde man alles Wissen der Menschheit mit Ausnahme der Fähigkeit, schriftliche Zeugnisse zu verfassen und zu hinterlassen, auslöschen, so hätte die Menschheit nach ein paar Tausend Jahren wieder exakt die gleiche Physik, Biologie, Chemie, usw, aber die dann neuen Religionen wären grundverschieden von denen, die bis heute überliefert sind.

Freilich ist säkulare Zukunft immer auch geprägt von Vergänglichkeit – auch mit Blick auf das Vergehen der Erde.

Dafür ist diese Zukunft jedoch real, während die „Zukunft im Himmel“ ein reines Hirngespinst ist.

Gott, der dem Glaubenden durch sein Wort in der Geschichte begegnet
Wäre mal interessant zu erfahren, wie und wo man ihm dort begegnet. Die „heiligen“ Schriften können es ja nicht sein, da sie allesamt in sich widersprüchliches und fehlerbehaftetes Menschenwerk sind.

geht er in seiner Zeit die Wege Gottes,

Heißt es bei den Theologen – wenn sie mal wieder nicht weiterwissen – denn nicht immer ,“Gottes Wege sind geheimnisvoll und unergründlich“?
Und nun soll man sie sogar erkennen können?

wenn sie dem Willen Gottes angemessen folgen.

Woher sollen die Ärmsten denn wissen, was der Wille Ihres Gottes ist? Je nach Sekte gibt es darauf doch ganz verschiedene Antworten. Vor Kurzem (7. August) brachten Sie doch das Beispiel der Todesstrafe,. die der Vizegott in Rom angeblich abgeschafft sehen möchte, wohin ihm aber viele seiner Vasallen offenbar nicht folgen mögen, weil für sie die Todesstrafe gottgewollt ist. Und in der Tat kann man genau das aus AT und NT herauslesen.

 

Wolfgang Fenske
18. August 2018 um 8:38 Uhr

Nein, die Menschheit ist nicht ohne Gott ausgekommen. Transzendenzerfahrungen gibt es auch außerhalb des Christentums, Gotteserfahrungen – eben auch Religionen. Sie haben alle mit ein und demselben Gott zu tun. Allerdings aus meinem Verständnis des christlichen Glaubens heraus gibt es auch einen Prozess des Gott-Erkennens. Das folgt noch. Ich bin mit dem Thema Geschichte und Gott noch nicht fertig.

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Missionierende Religionen gibt es nicht viele. Es gibt nicht nur hirnwaschende religiöse Strömungen, sondern auch atheistische hirnwaschende Strömungen. Von daher: Seien wir vorsichtig vor allen Hirnwäschern. Morgen habe ich kurz im Blog das Thema Brainreading – wissenschaftliches Hirnwaschen… Dazu würde ich auch Nudging zählen. Zu Ihrer Formulierung – katholische Kirche und andere christliche Sekten – für manche besteht also das Christentum nur aus Sekten? Sekten – Abspaltungen – wovon? Vom wahren Atheismus? 😉

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Auf Ihre einseitige Sicht der Geschichte in Verbindung mit dem Christentum muss ich nicht wirklich eingehen? Alle Einseitigkeiten sind mir äußerst suspekt. ich selbst bin Atheisten sehr dankbar – ich habe es schon häufig geäußert – weil sie einmal manches dazu beitragen, dass der christliche Glaube sich reflektiert und dann auch wieder besser an Jesus anschließen kann, weil sich viel Übles immer wieder einschleicht. Von daher: Einseitige Sicht als Christ liegt mir fern. Diese Einseitigkeiten vieler Christen, die Atheisten ihnen vorwerfen, scheint ansteckend zu sein und Atheisten ergriffen zu haben. Manche Atheisten. Ich kenne auch solche, die sehr wohl dazu in der Lage sind, das Positive des Christentums zu sehen. Was bedeuten also die Einseitigkeiten? Sie haben nichts mit der Religion zu tun sondern sind soziopsychologisch zu verstehen. Menschen können einseitig werden – aus welchen gründen auch immer.

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Ein schönes Gedankenexperiment. Ich habe nur noch einen Aspekt, den Sie vergessen haben: Gott, der den Prozess der Geschichte begleiten wird. Physik usw. – könnte ich mir auch vorstellen, denn die Natur ist dem Menschen, wie er evolutionsmäßig zurzeit beschaffen ist, zugänglich. Gott ist da doch eine andere Größe. Der Mensch, wie er zurzeit beschaffen ist… – sie gehen als Evolutionärer Mensch davon aus, dass der mensch so bleibt, wie er ist? Angeblich soll er dümmer werden – habe ich mal gelesen…

 

Holger Gronwaldt
20. August 2018 um 14:48 Uhr

Transzendenzerfahrungen gibt es auch außerhalb des Christentums, Gotteserfahrungen – eben auch Religionen. Sie haben alle mit ein und demselben Gott zu tun.

„Transzendenzerfahrungen“ sind ein rein gehirnphysiologisches Phänomen, da ist nichts in der Außenwelt (oder „darüber hinaus“), das solche „Erfahrungen“ auslöst.
Dass dahinter „ein und derselbe Gott“ stecken soll, ist eine kecke Behauptung, denn merkwürdigerweise werden Individuen, die solche „Erfahrungen“ machen, dadurch in aller Regel in ihrer eigenen Religion bestärkt, der Muslim genau so wie der meditierende Hindu oder der in Trance befindliche Schamane.

Allerdings aus meinem Verständnis des christlichen Glaubens heraus gibt es auch einen Prozess des Gott-Erkennens.

Könne Sie ja gerne so sehen. Dagegen spricht allerdings, dass Ihr Gott offensichtlich nicht „erkannt“ werden möchte, sonst hätte er sich ja den Menschen deutlicher und insbesondere viel, viel früher, nämlich schon vor Zehntausenden von Jahren zeigen können. Unsere Vorfahren von damals standen uns intellektuell wohl in nichts nach, so dass auch sie solche „Erfahrungen“ mit Sinn hätten füllen können. Genau das ist aber nicht passiert, sondern der Judaismus und später in seinem Gefolge das Christentum haben sich erst viel später herauskristallisiert. Und wenn Theodosius (oder ein anderer römischer Machthaber) nicht die psychologische Nützlichkeit des Christentums erkannt hätte und es zur Staatsreligion erklärt hätte (woraufhin die Christen ihre neu gewonnene Macht bald dazu missbrauchten, ALLE Andersdenkenden zu unterdrücken), wären das Christentum auch heute nur eine Religion unter vielen oder sogar wieder in der Versenkung verschwunden. Es ist leider müßig darüber zu spekulieren, wie die Welt dann heute aussähe, aber es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sie besser dran wäre.

Ich habe nur noch einen Aspekt, den Sie vergessen haben: Gott, der den Prozess der Geschichte begleiten wird.

Das scheint bei Ihnen eine fixe Idee zu sein, dass Ihr Gott unmittelbar auf Menschen einwirkt. Bliebe dann nur noch zu erklären, warum er nicht auf Menschen wie Hitler, Stalin, Mao und diverse Päpste zur Einsicht gebracht, so dass weit über Hundert Millionen Menschen nicht – zum Teil unter grausamsten Umständen – hätten sterben müssen?
Lt. Exodus-Märchen hat er das beim Pharao in gegenteiliger Hinsicht ja auch vermocht. Wobei bei der Geschichte besonders pikant ist, dass JHWH den Pharao erst zu einem bestimmten Verhalten zwingt (wenn er dessen „Herz verstockt“, kann der ja gar nicht mehr anders), ihn dann aber genau dafür bestraft. Handelt so ein „gerechter“ Gott?

sie gehen als Evolutionärer Mensch davon aus, dass der mensch so bleibt, wie er ist?

Wie kommen Sie denn auf so etwas Abeigiges? Angesichts fortschreitender Gentechnik wäre das äußerst unwahrscheinlich.

Angeblich soll er dümmer werden – habe ich mal gelesen…

Nicht alles, was man irgendwo liest, hat Hand und Fuß. Nur Menschen auf BLÖD-„Zeitungs“-Niveau nehmen alles für bare Münze. Ich nehme nicht an., dass Sie auch dazu gehören.

Es steht nämlich durchaus zu befürchten, dass man in totalitären Staaten daran gehen wird -falls nicht ohnehin schon geschehen – durch geschickte Kombination von Genen super-intelligente Menschen zu züchten. Die man allerdings wohl dann unter Verschluss hält, damit sie nicht für das jeweilige Regime gefährliche Gedanken in die Welt setzen. Die rkK hat es ihnen ja vorgemacht. 🙂

 

Wolfgang Fenske
25. August 2018 um 13:32 Uhr

Unterschiedliche Gottes-Interpretationen sprechen nicht gegen das, was ich geschrieben habe.
Dass Gott erkannt werden möchte, sieht man an Jesus Christus – aber dem Menschen Freiheiten lässt, ihn fehlzudeuten, das ist meine Sicht. Zudem: Der Versuch, dass Menschen ihr Gottesbild gewalttätig durchzusetzen versuchen, spricht nicht gegen Gott. Er wird es im Lauf der Zeit korrigieren. Gott hat Zeit. Wir Menschen, die wir nur kleine Eintagsfliegen sind, haben keine Zeit. Darum denken wir: Gott muss stante pede handeln. Aber stante pede gegen den Menschen zu handeln würde seine Freiheit einschränken.
Was das Beeinflussen von Menschen betrifft: Es ist seit über 2000 Jahren bekannt – von daher keine Idee von mir – dass der Mensch sich für Gott öffnen oder sich ihm versperren kann. Dass Gott dem Pharao dessen Herz verstockt – das ist eine Aussage, die eng mit der Prädestinationslehre zusammenhängt. Dass wir es an dieser Stelle mit einem großen Problem des Monotheismus zu tun haben, wissen Sie vermutlich. Das kann auf die Kürze nicht beantwortet werden. Dazu nur so viel: Auch wenn es heißt, dass Gott dem Pharao das Herz verstockt, so wird doch der Pharao für sein negatives Handeln verantwortlich gemacht. Ich selbst denke, dass damit gesagt sein kann, dass das, was aus dem verantwortungslosen Handeln folgt, von Gott gewollt war, somit rückblickend als Verstockung durch Gott interpretiert wurde, um das Ziel hervorzuheben.

*

Mensch bleibt wie er ist? Kontext meint: Nicht nur biologisch – auch geistig. Somit wird er auch in der Erkenntnis fortschreiten – oder zurückkriechen…

 

Holger Gronwaldt
26. August 2018 um 18:47 Uhr

Der Versuch, dass Menschen ihr Gottesbild gewalttätig durchzusetzen versuchen, spricht nicht gegen Gott. Er wird es im Lauf der Zeit korrigieren.

Hier bricht wieder Ihr menschenverachtender Zynismus durch! Wenn Menschen ihr Gottesbild gewalttätig durchsetzen, heißt das im Klartext, dass andere Menschen dafür sterben müssen. Wenn der christliche Gott zulässt, dass das in seinem Namen geschieht und er es nicht verhindert, obwohl er es könnte, ist er entweder ein Monster oder es gibt ihn nicht.

Wie viele Millionen Menschen sollen denn noch von religiösen Fanatikern umgebracht werden, bevor Ihr Gott „korrigierend“ eingreift??? Das sind doch kranke Ideen, die Sie hier vorbringen!

 

Wolfgang Fenske
1. September 2018 um 8:05 Uhr

Wenn Gott so handeln würde, wie Sie es sich wünschen, dann hätte er wohl solche Worte, wie Sie sie äußern gewaltsam verhindert. Denn wo fängt das Übel an? Erst in den Taten – nicht schon in der Wortwahl? Freuen wir uns, dass Gott nicht so ist.

 

Holger Gronwaldt
1. September 2018 um 11:09 Uhr

Wenn Gott so handeln würde, wie Sie es sich wünschen, dann hätte er wohl solche Worte, wie Sie sie äußern gewaltsam verhindert.

Netter Versuch der Manipulation. Da ich nicht an Ihren Gott glaube, habe ich auch keine Wünsche hinsichtlich seines Verhaltens.
Außerdem hat Ihr Gott ja wiederholt Worte gewaltsam verhindert, indem er sein Fußvolk Häretiker und Ketzer zusammen mit ihren Büchern verbrennen ließ.

Freuen wir uns, dass Gott nicht so ist.

Sie maßen sich ja schon wieder an, Ihrem Gott Eigenschaften zuzuschreiben.

Schön aber, dass Sie dem eigentlichen Punkt ausweichen:

Er [Ihr Gott] wird es im Lauf der Zeit korrigieren.

Ihr Gott lässt also zu, dass sein Fußvolk in seinem Namen andere Menschen umbringt und lässt sich dann Zeit, diesen Fehler zu korrigieren? Und während dieser ganzen Zeit – inzwischen fast 2000 Jahre – werden Millionen von Menschen umgebracht, ohne dass Ihr Gott es für nötig befindet „korrigierend“ einzugreifen?
Diese Sicht der Dinge ist in meinen Augen krankhaft zynisch und zutiefst menschenverachtend!

 

Holger Gronwaldt
14. August 2018 um 18:08 Uhr

Diese Arroganz gegenüber Menschen der Vergangenheit liegt uns nahe – ist aber unprofessionell und dumm, weil sie verhindert, Gefahren zu erkennen.

Ihr Satz in seiner vagen Formulierung ergibt nicht viel Sinn und ist zudem inhaltlich falsch, denn nur geschichtsvergessene Ignoranten blicken arrogant auf unsere Vorfahren zurück. Und ähnliche Ignoranten glauben ernsthaft, dass wir die Errungenschaften unserer Zivilisation überwiegend bis ausschließlich dem Christentum zu verdanken hätten. Dass das Gegenteil der Fall ist. belegt Schmidt-Salomon in seinem Buch „Die Grenzen der Toleranz“, S. 72:

Die islamischen Kulturzentren der damaligen Zeit [8. bis 11. Jhdt.] hatten den Vorteil, dass sie das Erbe der griechisch-römischen Antike nicht nur pflegten, sondern mithilfe von syrischen, persischen, indischen und asiatischen Einflüssen erweiterten, während das Vermächtnis der antiken Hochkulturen in Europa nach Theodosius mehr und mehr zerstört und durch eine eng interpretierte, christliche Monokultur ersetzt wurde. Dies hatte einen nachhaltigen zivilisatorischen Niedergang zur Folge, von dem sich Europas erst in der Renaissance (15. bis 16. Jahrhundert) erholte, als die Antike wiederentdeckt und die Rolle des Individuums gestärkt wurde.

Bliebe noch zu ergänzen, dass die Rückbesinnung auf die Antike mit ihren Ideen nur dadurch möglich wurde, dass deren Schriften in der arabischen Welt erhalten wurden, während man im christlichen Abendland alles zu vernichten trachtete, was auch nur den Anschein von heidnisch erweckte.

 

Wolfgang Fenske
18. August 2018 um 8:22 Uhr

Nicht ein bisschen zu einfach? Christliche Monokultur – Arianer und Germanen – Katholizismus Roms und der Iren… Es sei denn, man übergeht die Vielfalt des Christentums, nur dann kann man das sagen. Der Katholizismus hat sich dann langsam aber sicher im Westen durchgesetzt – ein langer Prozess, nicht so monolithisch, wie man sich das manchmal so denkt. Und die orthodoxen Kirchen im Osten… – haben ebenso das Christentum aus ihrer alten kulturellen Brille gesehen. Inkulturation… Der Westen war auch aufgrund der ganzen geschichtlichen Ereignisse (Vertreibungen, Kriege…) in einem desolaten Zustand, da hat man keine Zeit, alte schriften zu lesen, wenn es wirtschaftlich und kriegerisch zugeht. Aber ich vermute, was die Rezeption der Antike im Westen betrifft, dass es da noch manches zu erforschen gibt. Natürlich: Anti-Christliche Gruppen müssen das Christentum klein schreiben und knüpfen an die glorreiche heidnische Antike an. Aber das ist ja eben auch nur eine Sicht. Denn auch die Renaissance wird durch Brille des christlichen Glaubens des jeweiligen Forschers, Künstlers usw. gesehen. So einfach lässt sich ein großer Teil der Geschichte und der prägenden Gruppe nicht einfach ausblenden, indem man nahtlos an die Vergangenheit der Geschichte anknüpft. Auch ein Schmidt-Salomon ist an dieser Stelle so subjektiv wie nur irgend ein Christ subjektiv ist. Aber es geht dann darum, dass subjektive Individuen ihre unterschiedlichen Interpretationen auch selbstkritisch austauschen. Vielleicht nähert man sich ein wenig dem an, wie es war. Wobei eine solche Annäherung eben auch nur zeitgebunden ist. Ich kann mir schon vorstellen, dass es eine Zeit geben wird, in der die Schmidt-Salomons hier und da mehr Anhänger auf ihre Seite bekommen – bis dann wieder einer ganz neu entdeckt: Leute, es gab eine Religion, namens Christentum – und die hat auch unsere Kultur massiv geprägt – und die Diskussion beginnt von neuen… 😉

 

Holger Gronwaldt
20. August 2018 um 14:20 Uhr

Auch ein Schmidt-Salomon ist an dieser Stelle so subjektiv wie nur irgend ein Christ subjektiv ist.

Kommen Sie jetzt auch mit „alternativen Fakten“?
Tatsache ist und bleibt, dass Europa nach dem Ende des römischen Reiches „dank“ des sich ausbreitenden Christentums, mit seinem Vernichtungswahn gegen alles „heidnische“, kulturell gewaltig einbüßte, während bedeutende zivilisatorische Leistungen in Astronomie (die Mehrzahl der im Mittelalter bekannten Sterne trägt arabische Namen!), Medizin, Landwirtschaft, Mathematik (Worte wie Algebra, Algorithmus, usw. sind arabischen Ursprungs, wir rechnen auch heute noch mit „arabischen“ Zifffern, die über die Araber von Indien her verbreitet wurden), Naturkunde (Alchemie, Alkali, usw. sind arabische Worte), Musik, Dichtkunst, usw., usw. über das unter maurischer Herrschaft stehende Spanien Eingang in die Kultur und Wissenschaft Europas fanden. Der Niedergang der arabischen Kultur erfolgte analog erst, als – nicht zuletzt durch Al-Ghazali (gest. 1111) – Religion wieder für wichtiger erachtet wurde als Philosophie und Wissenschaft. Davon hat sich der Islam bis heute nicht erholt!

Historische Fakten lassen sich nicht beliebig interpretieren, das bleibt den Religionen vorbehalten, die sich nicht auf verlässliche Fakten berufen können.

es gab eine Religion, namens Christentum – und die hat auch unsere Kultur massiv geprägt

Das bestreitet ja auch niemand. Die Frage ist nur, ob diese Prägung in der Summe eher positiv oder negativ war. Hätte das frühe Christentum nicht versucht, alle Andersdenkenden – bemerkenswerterweise auch aus den eigenen Reihen – zu verteufeln oder sogar auszurotten, wäre die Menschheit zivilisatorisch möglicherweise heute ein ganzes Stück weiter, denn viele positive Ideen sind mit den „Ketzern“ gestorben, viele herausragende Denker und Wissenschaftler haben wertvolle Lebenszeit damit vergeudet, über Religion nachzudenken und den christlichen Gott in ihr Weltbild mit einzubauen (Newton, Leibniz, u. a) .oder waren zu sehr eingeschüchtert, ihre Erkenntnisse zu veröffentlichen, weil sie Repressalien bis hin zur physischen Vernichtung zu befürchten hatten (Kopernikus, Galilei). Giordano Bruno war leider nicht vorsichtig genug und endete auf dem Scheiterhaufen!

Dass die rkK bis ca. 1965 einen – zudem noch strafbewehrten – „Index der verbotenen Bücher“ mit rund 6.000 Titeln hatte, spricht für sich: Denkverbote sind Kernbestandteil dieser Religion.

 

Wolfgang Fenske
25. August 2018 um 13:42 Uhr

Worum ging es mir? Einflüsse aus der Antike nach Europa ging auch andere Wege, die nur schwer zu erforschen sind – und hoffentlich intensiver erforscht werden, weil der ganze Raum der orthodoxen Kirche (samt ihrer griechischen und orientalischen Tradition) und ihr Einfluss auf den Westen noch recht verschlossen ist. Zudem war der südosteuropäische Raum immer wieder Schauplatz osmanischer Besatzungen usw. Von daher auch sicher einflussreich. Es ist alles recht differenziert zu sehen. Ebenso die Rolle des Christentums – aber das schrieb ich ja.

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Wolfgang Fenske © 2019