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Atheismus und Christentum

Ausgangstext der Diskussion 22.12.2018: https://blog.wolfgangfenske.de/2018/12/22/ueberleben-2/

Überleben - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 22. Dezember 2018

Als die Christen in Jerusalem noch verfolgt wurden, um die Botschaft zum Schweigen zu bringen, war die Botschaft schon weit in der damaligen Welt verstreut. Lokale Verfolgung war sinnlos.

Wenn Menschen meinen, die Bibel nur historisch lesen zu müssen, kommen sie zu spät – die Botschaft der Bibel ist vielfältig rezipierbar und wird auch vielfältig rezipiert – unter anderem historisch. Das Rad ist nicht mehr ins 19./20. Jahrhundert zurückzudrehen – als manche meinten, historisches Arbeiten müsste alles durchdringen – und es wäre auch falsch, es zurückzudrehen. Historisches Arbeiten ist wichtig, aber es darf keine Ideologie sein, die alles Denken und Glauben bestimmen will. Dann würde sie nicht hilfreich sein, sondern sich wie Mehltau auf alles legen. Würde – wird nie sein, weil der Mensch eben in seiner Vielfalt schon weiter ist.

 

Diskussionsfaden
7 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
22. Dezember 2018 um 10:13 Uhr

die Botschaft der Bibel ist vielfältig rezipierbar und wird auch vielfältig rezipiert

Korrekt muss es heißen: Was Menschen meinen, als „Botschaft“ aus der Bibel herauslesen zu können, ist beliebig und deshalb gibt es auch beliebig viele christliche Sekten.

Historisches Arbeiten ist wichtig, aber es darf keine Ideologie sein, die alles Denken und Glauben bestimmen will.

Natürlich darf es keine Ideologie sein, weil es sonst das Denken in eine vorgefertigte Schablone pressen würde.
Aber es kann und sollte schon eine Grenze setzen für allzu ausufernde Beliebigkeit und dreiste Tatsachenverfälschung, wie sie in der Theologie gang und gäbe sind.
Die Weihnachtsmärchen von Matthäus und Lukas sind ein gutes Beispiel dafür: reine Fantasieprodukte, an denen auch nicht ein Fünkchen historische Wahrheit ist. Trotzdem werden sie als faktisch wahr hingestellt.

Denken und Glauben, dass historische Gegebenheiten nicht nur ignoriert, sondern geradezu in deren Gegenteil verkehrt, ist eher Mehltau, aber auch mit einem Krebsgeschwür vergleichbar, das die Realität überwuchert und durchdringt und letzten Endes zerstört.

weil der Mensch eben in seiner Vielfalt schon weiter ist.

Wieder so eine hohle Phrase, denn DEN Menschen gibt es nicht und „Vielfalt“, wobei es hier eher um Beliebigkeit geht, ist nicht notwendigerweise Fortschritt, sondern oft genug auch Rückschritt, weil sie längst überholte Positionen zu zementieren trachtet und damit die Entwicklung blockiert.

 

Wolfgang Fenske
23. Dezember 2018 um 9:50 Uhr

Über die Geburtsgeschichten haben wir vor einem Jahr schon viel diskutiert: Sammlung der Blog-Beiträge zum Thema "Bibel und Bibelverständnis" um nur das als Beispiel zu nennen.

*

Aber die sind nicht wirklich Ihr Problem: Da liegt also der Hase im Pfeffer (Veganer mögen diese Formulierung verzeihen): Das Problem ist nicht Gott, ist nicht Jesus, ist nicht Bibel ist nicht dies und das am Glauben – das Problem sind die Auswirkungen des Glaubens, sind die Glaubenden, die in die Welt des Unglaubens hineinstoßen, die sie in Frage stellen, neue Perspektiven hineinbringen, die aufrütteln, Transzendentes wahrzunehmen, statt nur im Immanenten zu köcheln. Glaubende stören den Menschen in seiner Selbstglorifizierung wie in seiner Selbstverachtung. Sie setzen der Welt etwas entgegen – werden darum auch von Herrschern und herrschenden Gruppen drangsaliert – oder man versucht sie zu vereinnahmen, was auch nicht selten gelingt – bis sie dann doch wieder als unsichere Kantonisten ausbrechen. Darum auch der missionarische Eifer, der in Ihren Kommentaren anzutreffen ist: Weg mit den Glaubenden – die Welt wird schöner. Nach dem Motto, das ich mal gelesen habe: Weg mit den Alpen – für einen freien Blick aufs Mittelmeer! Genauso absurd. Glaubende wird es immer geben, weil es Gott gibt. Glaubende werden auch immer gesellschaftspolitisch tätig sein, weil Glaube nicht nur eine Nische im Hirn des Körpers ist, sondern den ganzen Menschen umfasst. Was Sie also als Krebsgeschwür bezeichnen, das alles durchdringt – sieht man als Glaubender natürlich anders: als Sauerteig zum Beispiel, der das gesamte Brot schmackhaft macht, als Licht, das in die Dunkelheit hineinstrahlt, als Leben, das die Kultur des Todes durchdringt und zum Leben führt. Damit müssen Sie leben, dass es Glaubende gibt. Wie auch Glaubende lernen, damit zu leben, dass es Nichtglaubende gibt, die ihren wunderbaren Glauben als Krebsgeschwür bezeichnen.

 

Holger Gronwaldt
23. Dezember 2018 um 19:40 Uhr

das Problem sind die Auswirkungen des Glaubens, sind die Glaubenden, die in die Welt des Unglaubens hineinstoßen, die sie in Frage stellen, neue Perspektiven hineinbringen, die aufrütteln, Transzendentes wahrzunehmen, statt nur im Immanenten zu köcheln.

Ich denke, umgekehrt wird ein Schuh daraus: Schließlich gab es in den unwissenden Kindertagen der Menschheit zuerst den blinden und irrationalen Glauben als ersten, aber unzureichenden Versuch der Welterklärung.
Mit zunehmenden Wissen wuchs dann auch die Verwirrung der Gläubigen, die mehr und mehr erkennen mussten, dass sie mit ihren Vorstellungen vom Funktionieren der Welt arg daneben lagen.

Glaubende stören den Menschen in seiner Selbstglorifizierung wie in seiner Selbstverachtung.

Auch hier ist es genau umgekehrt: der nüchtern analytisch denkende Mensch enttarnt die überhebliche Haltung der Gläubigen, die sich als den Mittelpunkt und einziges Ziel des Universums betrachten. Gibt es etwas Größenwahnsinnigeres als den Glauben, dass der Mensch „nach dem Bilde“ des Urhebers des Universums geschaffen wurde ? Wohl kaum!
Wie Sie „Selbstglorifizierung“ und „Selbstverachtung“ gleichzeitig unter einen Hut bringen wollen, kann ich übrigens nicht nachvollziehen. Gläubige schaffen das wohl eher, weil sie sich sowohl als „Krone der Schöpfung“, aber auch als verachtenswerte „Sünder“ sehen.

Glaubende … setzen der Welt etwas entgegen – werden darum auch von Herrschern und herrschenden Gruppen drangsaliert – oder man versucht sie zu vereinnahmen, was auch nicht selten gelingt – bis sie dann doch wieder als unsichere Kantonisten ausbrechen.

Bis zu Beginn der Aufklärung war es auch hier genau anders herum: Glaubende beherrschten und drangsalierten große Teile der Menschheit, bis diese erkannte, wie hohl die Thesen der Religionen sind.

Glaubende wird es immer geben, weil es Gott gibt.

Steile These, die allein dadurch zusammenbricht, dass es dann viele Götter geben müsste, weil es Gläubige vieler verschiedener Religionen gibt. Sie wollen doch wohl nicht behaupten, dass die alle an den selben Gott glauben, dann müssten Sie sich nämlich alle Missionierungsversuche bei Andersgläubigen sparen und würden sich künftig nur noch an den Nicht-Glaubenden die Zähne ausbeißen.

Glaubende werden auch immer gesellschaftspolitisch tätig sein, weil Glaube nicht nur eine Nische im Hirn des Körpers ist, sondern den ganzen Menschen umfasst.

Letzteres ist eindeutig falsch und die Motivation von Glaubenden ist Machtgewinn und -erhalt. Zum Glück kämpfen Sie auf verlorenem Posten und die Vernunft setzt sich langsam aber sicher durch, was sich an den schwindenden Zahlen der Kirchenmitglieder, vor allem aber der stark wachsenden Gleichgültigkeit der meisten Christen gegenüber ihrer Religion zeigt. Schon mal Buggle „Denn sie wissen nicht, was sie glauben“ gelesen? In solchen und anderen Büchern von Religionskritikern wird das ganze Elend des Christentums entlarvt.

als Licht, das in die Dunkelheit hineinstrahlt

Witzige Formulierung, wo doch allein die Erkenntnisse der Wissenschaft das Dunkle Zeitalter beendet haben.

Damit müssen Sie leben, dass es Glaubende gibt.

Konnte ich schon immer ganz gut, schließlich weiß ich um die Schwächen und Ignoranz der Menschen trotz eigentlich besserer Einsicht nur ungern das ablegen wollen, was man ihnen von Kinderbeinen an oktroyiert hat. Hat wohl auch viel mit der schon erwähnten Gleichgültigkeit zu tun.

Wie auch Glaubende lernen, damit zu leben, dass es Nichtglaubende gibt, die ihren wunderbaren Glauben als Krebsgeschwür bezeichnen.

Müssen sie auch notgedrungen, schließlich kann man die Wahrheit auf Dauer nicht verleugnen. 🙂

 

Wolfgang Fenske
26. Dezember 2018 um 10:14 Uhr

Zum ersten Absatz: Es gibt vermutlich nur ganz wenig Menschen – wenn überhaupt – die nichts Religiöses an sich haben (damit meine ich nicht christlich, sondern insgesamt religiös). Manche erkennen es nur nicht, weil sie es nicht erkennen wollen. Die Vielfalt entstand soweit ich das sehe nicht, wegen der Aufklärung usw., sondern darum, weil Menschen in Europa ihren individuellen Glauben auf der Basis des Christentums leben wollten. Mit der Reformation hat sich das dann in Mitteleuropa Bahn gebrochen. Die jeweiligen Individuen haben Aspekte des Glaubens fokussiert, Anhänger gesammelt. Es ging nicht um Rationalismus, Wissen usw., sondern um individuelle Glaubensdeutungen.

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Sind nur Glaubende überheblich? Die Kommentare lassen vielfach auf anderes schließen. Kurz: Es liegt in uns Menschen – ob mit oder ohne Glauben, bzw. welchen Glaubens auch immer.

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Selbstglorifizierung und Selbstverachtung. Beides finden wir bei uns Menschen. Und gegen beides geht der Glaube an. Was ist daran falsch, beides zu nennen? Liegt doch beides vor. Wer Menschen kennt – unabhängig vom Glauben – sieht das.

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Bis zur Aufklärung, war die Welt übel – doch dann, dann kam die Göttin Vernunft, dann kam der Nihilismus, dann kam der Kommunismus, der Nationalismus – ne, die kamen dann auch, aber die hängen mit dem Glauben zusammen – oder wie ist das bei Ihnen zu verstehen. Übrigens: Es gibt auch heute sehr viele Glaubende – wie auch immer „Glaubende“ – eben: religiöse Menschen. Nicht nur Christen, Muslime – auch Esoteriker, Abergläubische, Buddhisten – alle leben in diesem Land. Das muss Sie als aufgeklärten unter den Aufgeklärten schmerzen. Die Zerstörung des christlichen Glaubens und die Dezimierung der Kirchen bringt keinen „Nicht-Glauben“ hervor. Das bringt nur unterschiedlichste Facetten religiöser Anschauungen hervor – und eben auch Ideologien, die sich mit religiösen federn schmücken, aber sich selbst als nicht religiös ansehen.

*

Interessant zu sehen, dass Sie Glauben immer mit Macht konnotieren, damit, dass man als Kind etwas aufoktroyiert bekommt, dass man einfach zu bequem ist, dieses Etwas aus der Kindheit loszulassen. Reduktion von Vielfalt dient nur dazu, besser den Gegner fertig machen zu können. Aber sorry, differenziertes Denken fordere ich schon ein. Das mag Ihre Sicht auf Ihr Leben sein. Aber an den vielen Glaubenden (die Sie nicht sehen, weil Sie sie nicht sehen wollen), die einen sehr lebendigen, verantwortungsvollen, bewussten Glauben leben, kann man, wenn man will erkennen, dass diese Pauschalisierungen von der Realität nicht gedeckt werden.

 

Holger Gronwaldt
26. Dezember 2018 um 22:39 Uhr

Es gibt vermutlich nur ganz wenig Menschen – wenn überhaupt – die nichts Religiöses an sich haben (damit meine ich nicht christlich, sondern insgesamt religiös

Solange Sie nicht klar definieren, wie Sie hier „religiös“ verstehen, bleibt Ihre These sinnlos.
Versteht man unter „religiös“ = „an ein höheres Wesen glauben, das die Welt geschaffen hat“, dann trifft Ihre Aussage auf immer weniger Menschen zu und für die meisten halbwegs gebildeten Menschen dürfte es nur eine diffuse Religiosität sein, die vielleicht ein „höheres Wesen“ für denkbar hält, ihm aber überhaupt keine Bedeutung für das eigene Leben beimisst. Evtl. bin sogar ich in diesem Sinne religiös, da ich nicht völlig ausschließen kann, dass ein minderbegabter Gott oder ein Team von Götterlehrlingen dieses Universum mit allen seinen für uns Menschen nachteiligen Eigenschaften (z. B. ist es zu 99,9999999999…% in allen Ecken tödlich) geschaffen haben könnte. Na und? Was folgt daraus? Absolut nichts!

Die Vielfalt entstand soweit ich das sehe nicht, wegen der Aufklärung usw., sondern darum, weil Menschen in Europa ihren individuellen Glauben auf der Basis des Christentums leben wollten.

Das ist nur im Ansatz zutreffend, weil sich den Menschen damals kaum eine Alternative zu einem Götterglauben erschloss. Trotzdem gibt es mindestens seit der Antike scharfsinnige Denker, die die Existenz der Götter nach den jeweiligen Vorstellungen ihrer Mitmenschen in Zweifel zogen. Denkende Menschen haben schon immer die Widersprüche in den religiösen Lehren erkannt und nach brauchbaren Alternativen gesucht. Soweit diese dann auch wieder religiös waren, tauchten früher oder später erneut Widersprüche auf, die nach Lösungen förmlich schrieen. DAS ist m. E. der Grund für die „Vielfalt“ bzw. Beliebigkeit in den Glaubensgemeinschaften.

Sind nur Glaubende überheblich?

Möglicherweise nicht nur, aber auf alle Fälle diejenigen Glaubenden, die sich einbilden, das ganze Universum wäre nur zu dem Zweck da, christliche Menschen auf der Erde hervorzubringen. Und der hypothetische „Schöpfer“ des Universums hielte sie für so bedeutend, wichtig und bewundernswert, dass er unbedingt von ihnen verehrt werden möchte. Kann eine Wahnvorstellung größer sein?

Selbstglorifizierung und Selbstverachtung. Beides finden wir bei uns Menschen. Und gegen beides geht der Glaube an.

Diese These lässt sich allein dadurch schon widerlegen, dass man die Institution der Beichte anführt, bei der der katholische Mensch sich als „elender Sünder“ selbst erniedrigen und kasteien muss.
Und die Selbstglorifizierung ist in Joh. 3, 16 angelegt, wenn der Mensch sich zum Lieblingsobjekt des „Schöpfergottes“ erklärt. Sie sehen also, dass Ihre These unhaltbar ist.

Liegt doch beides vor.

Ja, in der christlichen Religion. Der aufgeklärte Mensch akzeptiert seinen Platz in Raum und Zeit als Wimpernschlag in einem Universum, dem seine Existenz völlig egal ist.

Aber an den vielen Glaubenden (die Sie nicht sehen, weil Sie sie nicht sehen wollen), die einen sehr lebendigen, verantwortungsvollen, bewussten Glauben leben …

denen aber mindestens ebenso viele (und wenn man die nichtchristlichen Religionen mit einbezieht, sogar ungleich mehr) Menschen gegenüber stehen, die weder bewusst noch verantwortungsvoll mit ihrem eigenen Leben und dem ihrer Mitmenschen und der Mitwelt umgehen.
Wenn Sie von anderen eine differenzierte Sicht einfordern, sollten Sie selber nicht einseitig pauschal urteilen.

Ich zitiere noch einmal Weinberg: „„With or without religion, good people can behave well and bad people can do evil; but for good people to do evil – that takes religion.“

 

Holger Gronwaldt
13. Januar 2019 um 17:12 Uhr

Überleben

[...]
[hier folgte eine Kopie des letzten Kommentars vom 26.12.2018]

 

Wolfgang Fenske
26. Januar 2019 um 10:22 Uhr

Interessante Religiosität, die Sie da von sich beschreiben: Und wenn es Götter gibt, die die Welt geschaffen haben, sie waren minderbegabt als HG. Der Mensch ist sich selbst der bessere Gott. „Religiosität“ ist kaum zu definieren. Man bedenke insgesamt die Wandlung, die dieses Wort in den letzten Jahrhunderten gemacht haben. Aber allgemein wird damit verstanden, dass man sich als Mensch in einem größeren unverstandenen Zusammenhang – Transzendenz genannt – wahrnimmt, eher emotional. Und: Auf diesen größeren Zusammenhang reagiert. Mit Riten welcher Art auch immer (Mögen es Glücksbringer, möge es die wenn dann Sprache sein: Wenn ich das tue, dann möge das Unbekannte das tun.) Ich fand interessant, dass diese Leute Etwasisten genannt werden: Etwas ist da… (Sie wollen ja nicht nur hören, dass ich das irgendwo gelesen habe – hier weiß ich es noch: Schauen Sie in das Buch, das von Werner Zager herausgegeben wurde: Der neue Atheismus.) Dieses Gefühl ist vielfältiger zu beschreiben, wie die Reaktionen darauf. Aber ich lasse es jetzt.

*

Alte Griechen – ja, es gab da Denker, die religionskritisch waren. Aber Zweifel oder Kritik an der Religion gehören zur Religion dazu. Warum? Weil Religion nichts Starres ist. Sie bietet Hilfestellungen in den sich wandelnden gesellschaftspolitischen Prozessen. Das auf der Basis des Götterglaubens. Als dann das Christentum kam, das ja massiv religionskritisch ist, haben Menschen viele ihrer Sehnsüchte wiedererkannt und sind den neuen Weg gegangen. Das Christentum ist anders als das Wort „…tum“ andeutet, auch nichts Starres, Festes, sondern etwas, das agil ist – wie man sagt: ewig jung – sofern es sich von Gottes Geist leiten lässt, theologisch gesprochen. Zu dieser Agilität trägt die Religionskritik der letzten Jahrhunderte bei – und das ist gut so. Das ist ja auch mit Blick auf Zweifel zu sagen: Zweifel sind dann gut, wenn der Mensch in einem Glaubensstadium verharrt – um dann auf eine neue Ebene zu kommen. Zweifel sind eine Art Verpuppungsstadien einer Raupe. Man verdrängt Zweifel, man bekämpft Zweifel. Sie sind nichts Angenehmes, Leichtes, Schönes. Aber sie führen den Glauben weiter, wenn man nicht im Verpuppungsstadium verharren möchte und dann eben das Wesentliche verpasst.

*

Kann eine Wahnvorstellung größer sein? Ja, sich an die Stelle Gottes stellen zu wollen. Aber das hatten wir ja auch schon häufig. Die Aussage mit dem Wimpernschlag werde ich später vertiefen. Vermutlich in einem eigenen Blog.

*

Weinbergs Satz ist Stuss. Auch dann, wenn man ihn wiederholt. Es sei denn, man greift zu dem Trick und sagt: Alle bösen Menschen tun böses – auch ohne Religion. Aber gute Menschen tun nur Böses mit Religion. Was setzt das voraus? Dass der Mensch in die Zukunft schauen kann, weil er weiß, ob aus dem Guten, das er tut, Böses werden kann. Einfach so naiv Gut-Böse entgegenzustellen, wird der Komplexität des Themas nicht gerecht. Ist ja auch ein polemischer Satz und sollte wohl auch ein solcher sein. Aber er entlarvt sich selbst. Von daher dient er wieder nur Gleichgesinnten, dass sie sich ihre Schenkel klopfen können, weil er aus ihrer Sicht treffend auskeilt.

*

Ihre Replik auf meine Aussage ist sonderbar. Aber so sind viele. Ich sage, dass Kirche versagt hat, man müsse aber auch die sehen, die tapfer und liebevoll nicht versagt haben – dann sagen sie, es sei einseitig, weil ich nicht die sehe, die versagt haben. Stimmt was mit meiner Optik nicht? Vielleicht setze ich auch zu häufig voraus, dass Sie meine Texte insgesamt gelesen haben, und nicht nur auf Satzteile abfahren, weil Sie was dazu sagen können. Man kann nicht immer wieder alles von klein auf wiederholen – was übrigens von Ihnen auch einmal als Logorrhö bezeichnet wurde. Das geben solche Reaktionen nicht her. Die Reaktionen können nicht ausführlicher sein, müssen zurückweisen auf Gesagtes. Müssen vom anderen erwarten, dass er wirklich an einem Dialog interessiert ist.

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Wolfgang Fenske © 2019