Blog-Diskussionen

Atheismus und Christentum

Ausgangstext 27.12.2018: https://blog.wolfgangfenske.de/2018/12/27/halber-jesus/

Halber Jesus - von Wolfgang Fenske
Veröffentlicht am 27. Dezember 2018

Man kann keinen halben Jesus haben.

Man kann. Aber warum gibt man sich mit dem halben Jesus zufrieden, wenn man den ganzen haben kann? Viele sagen: Dann lieber gar keinen, als einen halben Jesus. In Ordnung. Aber den ganzen Jesus beiseite schieben, nur weil man den halben Jesus kennt und vorgesetzt bekommt, ist auch sonderbar. Lieber den ganzen Jesus kennen lernen wollen – und dazu gehört eben: Gott.

Manche sagen von vornherein: Brauche keinen Jesus – ist sowieso sauer! – Nun denn, sie haben was verpasst. Ein Trost für sie: Wer etwas verpasst, vermisst es ja nicht, weil er es noch nicht kennen gelernt hat.

Warum sauer? Die Fabel vom Fuchs, der nicht an die Trauben rankommt und sie darum für sauer und unreif erklärt:  https://de.wikipedia.org/wiki/Der_Fuchs_und_die_Trauben

 

Diskussionsfaden
5 Kommentare/ Antworten

 

Holger Gronwaldt
27. Dezember 2018 um 15:59 Uhr

Aber warum gibt man sich mit dem halben Jesus zufrieden, wenn man den ganzen haben kann?

Wie soll man Letzteres bewerkstelligen, wenn über diesen Jesus kaum etwas bekannt ist, nicht einmal die von Ihnen implizierte Hälfte.

Im Grunde genommen ist unser Wissen über Jesus vergleichbar mit einem Haufen Puzzle-Teile, die man erst mühsam zusammenfügen muss. Manchmal passen zwei oder mehr Teile zusammen, aber ,am weiß nicht, an welcher Stelle man sie in das Gesamtbild einfügen kann. Da ist man auf raten angewiesen. Und häufig genug wird falsch geraten, was man dann später erkennt, aber immer noch nicht weiß, wo der richtige Platz für die Teile ist. Erschwerend kommt hinzu, dass man mitunter auf Teile trifft, die überhaupt nicht zu dem Puzzle gehören, was man aber erst nach und nach erkennt. Und es wird im Laufe der Zeit klar, dass ohnehin weit über die Hälfte aller Teile fehlt und auf keinerlei Weise mehr beschafft werden kann.
Ich denke, dass diese bildhafte Analogie recht anschaulich wiedergibt, wie es um die Informationen, die man über Jesus gewinnen kann, bestellt ist.
Den „ganze“ Jesus ist für alle Zeiten verloren.

Es hilft auch nicht, Ihren Gott zu Hilfe zu rufen, denn Stimmen im Kopf und „Erfahrungen“ können alle möglichen Ursachen haben, am allerwenigsten allerdings eine göttliche Quelle.

 

Wolfgang Fenske
30. Dezember 2018 um 17:21 Uhr

Ihre Sicht: Gott ist Illusion, der heilige Geist Fiktion, über Jesus wissen wir nichts oder nur sehr wenig, die Auferstehung… – ich habe schon häufig dargelegt, dass wir so wenig über Jesus nicht wissen. Die Frage ist nur: Warum liegt Ihnen daran, das zu betonen? Um dem Glauben die Basis zu entziehen. Das ist alles. Das ist auch nicht neutral, sondern hat gesellschaftspolitische Hintergründe. Man kann durch diese Kritik an Jesus Christus, so hofft man zumindest seit ein paar hundert Jahren, Glaubenden den Boden unter den Füßen wegziehen, damit auch die Kirchen obsolet machen. Das scheint als wirkungsvoller angesehen zu werden, als die Kirche in ihren Fehlern zu kritisieren – was allerdings parallel auch gemacht wird, damit kommt man aber nicht an ihre Basis, sondern nur an zeitbedingte Auswüchse. Zu Jesus: am Beispiel der Bergpredigt: Blog-Themensammlung "Bergpredigt"

Dass der ganze Jesus für alle Zeiten verloren ist – dem widerspricht ja keiner. Der irdische Jesus ist nicht mehr zu eruieren, genauso wenig wie Sokrates, Goethe usw. Zudem: Geschichte ist immer interpretierte Geschichte. Historiker tragen Fakten zusammen, selektieren sie – entsprechend des Maßstabes, den sie für eine sinnvolle Deutung für richtig halten (also aufgrund subjektiver und kultureller Vorgaben), setzen dann aus dem, was sie selektiert haben, ihr Bild zusammen – und zwar so zusammen, dass es mit dem Bild, das sie vom Kontext der Person oder des Ereignisses gewonnen haben, möglichst stimmig zusammenpasst. Das trifft natürlich auch auf die Darstellung Jesu zu. Das finden wir in den Evangelien und in der Forschung zu den Evangelien, seien sie vom Glauben geleitet oder davon geleitet, den Glauben zu widerlegen. Wir kommen aus unserem subjektivem Menschsein nicht hinaus, nicht aus unserer Weltanschauung, aus unserer religiösen Interpretation. Von daher ergeben sich ja auch Ihre und meine unterschiedlichen Deutungen. Was das Historische betrifft: Die Interpretation aus Glauben heraus, das heißt diejenige, die mit Gott und dem Wirken seines Geistes rechnet, verkompliziert das dann noch einmal. Aber das ist mir kein Problem.

 

Holger Gronwaldt
3. Januar 2019 um 8:16 Uhr

– ich habe schon häufig dargelegt, dass wir so wenig über Jesus nicht wissen.

Eine bloße Behauptung wird auch durch Wiederholen faktisch nicht wahrer. Tatsache ist doch, dass es außerhalb der Bibel KEINE direkte Quelle gibt, die auf Jesus verweist. Die früheste Erwähnung eines nichtchristlichen Autors erfolgt im Jahre 93/94. Nicht einmal alle Experten sind sich einig, dass er überhaupt existiert hat, wenn auch die Mehrheit zu dieser Annahme tendiert.
Streng genommen haben wir überhaupt kein WISSEN über Jesus, sondern alles bewegt sich im Bereich von Vermutungen und Legenden.

Die Frage ist nur: Warum liegt Ihnen daran, das zu betonen?

Weil es hier um die Wahrheit geht und nicht die Aufrechterhaltung eines von der Theologie errichteten Scheingebäudes.

Der irdische Jesus ist nicht mehr zu eruieren, genauso wenig wie Sokrates, Goethe usw.

Von Letzteres behauptet allerdings auch niemand, sie wären Söhne eines Gottes gewesen.

und zwar so zusammen, dass es mit dem Bild, das sie vom Kontext der Person oder des Ereignisses gewonnen haben, möglichst stimmig zusammenpasst.

Das wäre ein klassischer Zirkelschluss: man übernimmt nur das, was in das vorher geformte Bild passt. Ich denke, damit tun sie den meisten Historikern bitter Unrecht. Man sollte nicht von den Methoden der Theologie auf richtige Wissenschaft schließen.

Das trifft natürlich auch auf die Darstellung Jesu zu.

Schön, dass Sie wenigstens das zugeben.

Wir kommen aus unserem subjektivem Menschsein nicht hinaus, nicht aus unserer Weltanschauung, aus unserer religiösen Interpretation.

Möglicherweise nicht zu 100%, aber es gibt eben doch Weltanschauungen, die weitestgehend auf Fakten aufbauen und solche, die unbelegte und unbelegbare Legenden vorziehen, weil es dem eigenen Wunschdenken entspricht.

Die Interpretation aus Glauben heraus, das heißt diejenige, die mit Gott und dem Wirken seines Geistes rechnet, verkompliziert das dann noch einmal. Aber das ist mir kein Problem.

Das sollte es aber sein, denn es verzerrt Ihre Wahrnehmung objektiv gegebener Tatsachen.
Und die Beliebigkeit, mit der verschiedene Theologen über ein und dasselbe Thema schwafeln, zeigt doch allzu deutlich, auf wie schwankendem Boden sich das Ganze bewegt.

Ein Bonmot zur Auferstehung:

Dieser Auferstandene ist körperlich und dennoch unkörperlich, weil nämlich diese seine Körperlichkeit sich als Körperlichkeit anderer Art erweist als die sonst mit Fleisch und Blut bezeichnete und dennoch ist es nicht Unkörperlichkeit, sondern wirklich echte Körperlichkeit.

Der Theologe G. Kittel, Die Auferstehung Jesu, S. 150
Täte man dem Mann Unrecht, wenn man ihn als elenden Schwätzer bezeichnen würde?

 

Wolfgang Fenske
10. Januar 2019 um 9:08 Uhr

Ich habe es nicht nur behauptet – ich habe in vielen Aussagen das nachzuweisen versucht.
https://glaubensdiskussion.wolfgangfenske.de/

Wenn Sie allerdings einen Maßstab nehmen: Wir wissen nur von Jesus, wenn ein nichtchristlicher Autor das vor dem Jahr 93/94 tut, dann wissen wir natürlich nichts über Jesus. Aber ein solcher Maßstab ist historisch gesehen nicht relevant. Dass sich alles nur im Bereich von Vermutung und Legenden bewegt – das hätten Sie gerne. Darum muss es auch so sein? Was sagen Sie zu Thallus?

*

Ich tue damit Historikern nicht Unrecht. Jeder, der sich mit dem Menschen, seiner Sozialisation usw. beschäftigt, sollte wissen – und weiß es wohl auch – dass der Mensch in seiner Zeit steckt. Dann gibt es Momente, die eine Sicht außerhalb des gesetzten Rahmens weiter entwickeln lässt – aber die muss sich erst langsam durchsetzen (wenn sie nicht bekämpft oder unter den Tisch fällt), was gleichzeitig bedeutet, dass im Umfeld dieser Sicht, also in der Gesellschaft ein Wandel stattfindet. Wenn das stattgefunden hat, dann kann man auch bestimmte neue Beobachtung neu interpretieren, ansonsten ordnet man sie in den alten Rahmen ein.

*

Ist etwas, das nahezu 100% auf Fakten aufbaut, noch eine Weltanschauung? Wer das kann, der hat den Durchblick. Der interpretiert nicht mehr „nur“, sondern steht über allem. Er hat nicht mehr nur einzelne Beobachtungen, Puzzle-Stückchen von Welt, sondern er hat das Gesamtbild. So einen Menschen möchte ich sehen. Wird diesem einer glauben – außer HG natürlich? Scherz beiseite. Ich denke im Augenblick an das Leben der Bäume. Was ist fakt – was ist Deutung? Brauchen Fakten nicht Deutung? Fakten pur sparen Wirklichkeit aus. Allein die Frage: Was interessiert einen Baum-Faktensucher am Baum? Antwort: Bäume interessieren ihn. Also: Emotional bedingt. Was nichts gegen Fakten eingewendet werden soll – sondern: Fakten werden auch einzuordnen sein.

*

Wenn solche Begriffe fallen, wie „schwafeln“, dann sperre ich mich. Auf so etwas gehe ich nicht ein. Warum? Weil keine Bereitschaft erkennbar wird, sich auf Weltbilder anderer einzulassen.

 

Holger Gronwaldt
10. Januar 2019 um 10:21 Uhr

Wenn Sie allerdings einen Maßstab nehmen: Wir wissen nur von Jesus, wenn ein nichtchristlicher Autor das vor dem Jahr 93/94 tut, dann wissen wir natürlich nichts über Jesus.

Das ist zwar nicht unbedingt mein Maßstab, aber da im NT über Jesus viele Dinge gesagt werden, die nachweislich Legenden sind, ist es schwer bis unmöglich, daraus objektive Fakten heraus zu arbeiten. Und Tatsache ist eben, dass außerhalb des NT von Jesu Wirken absolut nichts berichtet wird, obwohl doch die außerordentlichen Taten, die ihm nachgesagt werden, sich im ganzen Volk hätten herumsprechen müssen.

Dass sich alles nur im Bereich von Vermutung und Legenden bewegt – das hätten Sie gerne. Darum muss es auch so sein?

Natürlich richtet sich die Realität nicht nach meinen Wünschen, nach Ihren allerdings auch nicht und Sie behaupten manches, das einer objektiven Prüfung nicht Stand hält.

Was sagen Sie zu Thallus?

Was sollte ich zu ihm sagen? Wir wissen absolut nichts von Thallus, außer dem Umstand, dass ein gewisser Africanus ihn einmal mit einem kurzen Satz zitiert, bei dem Thallus sich zur 3-stündigen Dunkelheit bei Jesu Tod geäußert haben soll. Aber bereits Africanus weist nach, dass die Deutung von Thallus, der dieses (Nicht-)Ereignis auf eine Sonnenfinsternis zurückführt, unsinnig ist.
Das war’s dann auch schon, was zu Thallus zu sagen wäre: Er hält ein Gerücht für ein Faktum.

Ist etwas, das nahezu 100% auf Fakten aufbaut, noch eine Weltanschauung?

Selbstverständlich und das unterscheidet die Weltanschauung von der Ideologie, wobei letztere eben Elemente enthält, die NICHT mit Fakten in Einklang zu bringen sind. Und wer nicht merkt, dass er mit den Fakten auf Kriegsfuß steht, dem fehlt es an Durchblick.

Wenn solche Begriffe fallen, wie „schwafeln“, dann sperre ich mich.

Das können Sie gerne tun, was aber nichts an der Tatsache ändert, dass zahlreiche Theologen genau dies tun: schwafeln, d. h.., sie füllen mitunter ganze Bücher, die im Wesentlichen aus purem Wortgeklingel bestehen, weil praktisch nichts von dem, was dort gesagt wird, einer faktischen Überprüfung Stand hält.

Ein erhellendes Moment ergibt sich auch, wenn man einmal zu einem Bibelvers diverse Predigten aufruft, was heute dank Internet eine leichte Übung ist. Dort wird man finden, dass die Prediger eine reiche Fantasie entwickeln, wenn sie solche Verse „interpretieren“. Und das ist dann nun wirklich keine Vielfalt, das ist platte Beliebigkeit.
Ich habe das mal an Mk 16,16 getestet: Interessant, was dabei herauskommt!

Weil keine Bereitschaft erkennbar wird, sich auf Weltbilder anderer einzulassen.

Mit ist nicht ganz klar, wie Sie jetzt „einlassen“ verstehen wollen. Für mich hat das eine Nähe zu „annehmen“ oder auch „akzeptieren“. Das kann aber niemand von mir verlangen, dass ich ein Weltbild akzeptiere, dass sich in großen Teilen als Ideologie entpuppt, weil viele seiner Thesen zur Realität nachweislich im Widerspruch stehen.

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