Ausgangstext der Diskussion 04.03.2018: http://blog.wolfgangfenske.de/2018/03/04/theodizee-10-alexander-schmorell/
Die verschiedenen Reaktionen auf die Theodizee-Frage der Familie Scholl
Vorherige Beiträge:
In Theodizee 1-6+9 hatte ich die Beispiele der Familie Scholl und Christoph Probst.
Heute sei auf Alexander Schmorell hingewiesen, der zusammen mit Hans Scholl Flugblätter hergestellt hatte und hingerichtet wurde – nur ein paar Monate später. Er schreibt (Christiane Moll (Hg): Alexander Schmorell, Christoph Probst. Gesammelte Briefe, Lukas Verlag Berlin 2011):
„bedenkt doch, dass `Tod´ nicht das Ende jeden Lebens bedeutet, sondern eigentlich im Gegenteil – Geburt, Übergang zu neuem Leben, einem herrlichen und ewig dauernden Leben! Der Tod hat also nichts Schreckliches. Hart und schwer ist die Trennung. Aber sie wird weniger hart und schwer bei dem Gedanken, dass wir uns ja nicht für ewig trennen, sondern nur für eine Zeitlang, wie für eine Reise, um uns dann für immer und ewig zu treffen, in einem Leben, das unendlich schöner ist als das jetzige und dass es dann für das Zusammensein kein Ende gibt.“ (30.5.1943) Am 5.6. schrieb er: „Vergesst die Hoffnung auf ein Wiedersehen hier auf Erden oder drüben in der Ewigkeit nicht. Gott lenkt alle Dinge so, wie er es will, und wie es zu unserem Besten ist, wir müssen uns immer nur voller Vertrauen in seine Arme geben – er wird uns dann niemals verlassen, immer helfen und trösten.“ (Als Anmerkung: Es gab Überlegungen zur Flucht, die Schmorell aber verweigerte, weil er andere gefährdet hätte.) (526)
In einem Brief am 2.7. – wenige Tage vor der Hinrichtung – schrieb er: „Dieses ganze harte `Unglück´ war notwendig, um mich auf den wahren Weg zu bringen – deshalb war es eigentlich gar kein Unglück. Vor allem bin ich froh und danke Gott dafür, dass es mir gegeben war, diesen Fingerzeig Gottes zu verstehen und dadurch auf den rechten Weg zu gelangen. Denn was wusste ich bisher vom Glauben, vom wahren tiefen Glauben, von der Wahrheit, der letzten und einzigen, von Gott? Sehr wenig!… Ich hoffe, dass auch Ihr eine ähnliche Entwicklung durchgemacht habt und dass Ihr mit mir zusammen nach den tiefen Schmerzen der Trennung auf dem Standpunkt angelangt seid, wo Ihr für alles Gott dankt.“ (528)
In seinem letzten Brief, kurz vor der Hinrichtung schrieb er unter anderem: „Eins vor allem lege ich Euch ans Herz: Vergesst Gott nicht!!!“ (530)
Es wird deutlich, wenn wir alle bisher von mir im Blog genannten Menschen überblicken, dass jeder von ihnen einen eigenen Weg gegangen ist. Schmorell war orthodoxer Christ, der soweit ich es sehen kann, sich nicht viel mit dem Thema Glauben beschäftigt hatte, aber doch im orthodoxen Gottesdienst seine Heimat gefunden hatte, bzw. sich dahin sehnte (die westliche Form des Christentums war ihm „nicht warm, nicht liebevoll genug“; 279). Und in der Zeit seiner Inhaftierung hat er einen neuen Zugang zu Gott gefunden, einen Zugang, der an das Buch Hiob erinnert. Auch Hiob erkennt, er hatte von Gott vom Hörensagen gehört – aber noch nicht selbst wahrgenommen. Doch dann erkannt.